„Der Figur eine Stimme geben“

DMZ –  KULTUR ¦ Urs Heinz Aerni ¦                                    

 

Die Schauspielerin Grazialla Rossi versetzt sich in Lydia Escher und gestaltet so ein eindringlicher Theaterabend. Warum lässt uns diese Geschichte nicht los?

 

Urs Heinz Aerni: Das Schicksal von Lydia Escher aus dem 19. Jahrhundert beschäftigt uns bis heute. Immer wieder erscheinen zu ihrer Geschichte und ihrer Liebe zum Künstler Karl Stauffer-Bern, neue Romane und Bühnenstücke. Was beschäftigt uns sie auch heute im 21. Jahrhundert?

Graziella Rossi: Gesellschaftlich benachteiligende Strukturen, Machtgefälle, soziale, wirtschaftliche und emotionale Abhängigkeiten gehören leider auch heute noch zu Hindernissen eines gleichberechtigten menschlichen Daseins.

 

Aerni: Wie haben Sie sich für dieses Monodrama auf Lydia Escher vorbereitet? Oder anders gefragt, wie nahe ist Ihnen diese Figur?

Rossi: Lesen, lesen, lesen, recherchieren, am Text feilen, vertiefen, damit «schwanger» gehen.

Charakterzüge von Lydia bei mir selber suchen, sie auf der Bühne ausleben.

 

Aerni: Die Musik zu Ihrem Bühnenstück stammt von Damir Zizek. Wie darf man sich die Entwicklung zwischen Text und Musik vorstellen?

Rossi: Die Musik setzt sich aus kurzen elektronischen Tonfolgen zusammen. Zumeist leitmotivisch gesetzt. Sie trägt dazu bei, szenische Übergänge und Zeitabschnitte transparent zu machen.

 

Aerni: Sie entdecken immer wieder mit Ihren Programmen zusammen mit Helmut Vogel Menschen und Geschichten für eine Szenische Umsetzung. Was braucht die Figur, um in Ihr Programm aufgenommen zu werden?

Rossi: Die Figur soll auch heute Aktualität haben. Zeit, dass der Figur eine Stimme gegeben wird.

- wie bei Lydia, der auf der Bühne bis anhin kaum eine Stimme gegeben wurde. Eine Figur, von der man in der Auseinandersetzung mit ihr verstehen und vielleicht dazulernen kann. Sei es in politischer, kultureller oder menschlicher Hinsicht

 

Aerni: Kommen wir nochmals zurück auf Lydia Welti-Escher, die sich nach dem Freitod von Karl Stauffer am 12. Dezember 1891 das Leben nahm. Was kann oder soll diese Geschichte mit uns heute machen?

Rossi: Ich kann nur anregen, indem ich eine Figur auf die Bühne ‘stelle’. Was das Bühnenstück mit dem Zuschauer macht, ist individuell, auf welches Thema sich der Zuschauer einlässt, berühren lässt, welches ihn besonders interessiert oder welches er ablehnt.

 

 

Graziella Rossi arbeitet als Schauspielerin in Europa, in den USA, in Kanada sowie in Russland. Nach ihren grossen Monologen als Sabine Spielrein oder Maria Callas überzeugt Graziella Rossi nun als Lydia.

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