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Hunde und Katzen: Feinde oder Freunde? Eine tiefere Betrachtung

DMZ – NATUR / TIERWELT ¦ Patricia Jungo ¦

 

Das Sprichwort „wie Katz und Hund sein“ ist vielen bekannt. Es vermittelt die Vorstellung von zwei natürlichen Feinden – den beliebtesten Haustieren des Menschen. Tatsächlich zeigt das Verhalten der Tiere oft, dass Katzen vor Hunden flüchten und Hunde ihrer Instinkte folgend allem hinterherjagen, was sich bewegt. Doch wie viel Wahrheit steckt wirklich hinter dieser jahrhundertealten Vorstellung? Und was passiert, wenn man die Beziehung zwischen Hund und Katze etwas differenzierter betrachtet?

 

Im Europa des 19. Jahrhunderts war das Leben für Hunde und Katzen hart. Beide streiften ziellos durch die Straßen, immer auf der Jagd nach Nahrung. In dieser prekären Situation kam es zwangsläufig zu Konflikten: Hunde und Katzen standen in Konkurrenz um knappe Ressourcen. Doch es war nicht nur der Hunger, der Hunde und Katzen zu natürlichen Feinden machte. Hunde, die viele ihrer Verhaltensweisen vom Wolf geerbt haben, verhielten sich in Konfliktsituationen eher aggressiv, zogen sich aber zurück, wenn der Gegner zu stark schien.

 

Katzen hingegen sind Raubtiere, die ihre Beute meist allein jagen und weniger auf Gruppenverhalten angewiesen sind. Sie kommunizieren anders als Hunde: Ihr Schnurren signalisiert Zufriedenheit, während das Knurren des Hundes eine Warnung darstellt. Ein scheinbar friedliches Zusammentreffen kann rasch in einen Konflikt ausarten, wenn beide Tiere die Körpersprache des anderen missverstehen – etwa wenn die nervöse Katze ihren Schwanz peitscht und der Hund dies als freundliches Schwanzwedeln deutet.

 

Die Geschichte der Domestikation beider Tiere bietet einen weiteren interessanten Aspekt. Vor etwa 15.000 Jahren begann der Mensch, Hunde zu domestizieren. Sie begleiteten ihn bei der Jagd und wurden zu treuen Gefährten. Im Gegensatz dazu waren Katzen zunächst Eindringlinge: Als der Mensch begann, Nahrung zu lagern und Mäuse anzulocken, fanden die Katzen in den Lagern eine einfache Nahrungsquelle. Sie näherten sich den Menschen und wurden allmählich zu Haustieren. Besonders die alten Ägypter verehrten die Katze, und ihre Verehrung manifestierte sich sogar in aufwendigen Bestattungen, wie eine Sammlung von Katzenmumien im ägyptischen Museum in Turin zeigt.

 

Doch was sagen wissenschaftliche Studien zur Beziehung zwischen Mensch, Hund und Katze? Eine Untersuchung der Oregon State University analysierte das Bindungsverhalten von Katzen zu ihren Besitzern und verglich es mit dem von Hunden. Dabei zeigte sich, dass etwa 65 Prozent der Katzen eine sichere Bindung zu ihren Menschen entwickelten – ähnlich wie es bei Babys und Hunden der Fall ist. Dennoch gibt es deutliche Unterschiede in der Wahrnehmung der Menschen: Während Hunde ihr Verhalten gegenüber Menschen anpassen und mit ihnen anders interagieren als mit Artgenossen, bleibt das Verhalten der Katze im Wesentlichen unverändert – sie behandelt ihren Besitzer eher wie eine andere Katze.

 

Katzen und Hunde haben ihre evolutionären Ursprünge nie ganz abgelegt, was sich in ihrem Verhalten widerspiegelt. Hunde jagen nach wie vor Katzen hinterher, und Katzen können sich im Angesicht eines Hundes plötzlich aggressiv verhalten. Die Domestikation hat jedoch auch ihre positiven Seiten: Beide Tiere können lernen, zwischen Freund und Feind zu unterscheiden. Besonders in der Sozialisierungsphase, die für Welpen und Kätzchen mindestens vier Wochen beträgt, können Katzen und Hunde lernen, sich gegenseitig zu akzeptieren und sogar enge Freundschaften zu entwickeln.

 

Zusammenfassend lässt sich sagen: Das klassische Bild von Hund und Katze als Erzfeinden mag in vielen Fällen zutreffen, doch es ist längst nicht die ganze Wahrheit. Mit der richtigen Sozialisierung und im richtigen Umfeld können Hunde und Katzen nicht nur miteinander koexistieren, sondern auch wahre Freunde werden. Es zeigt sich, dass der Weg von der natürlichen Feindschaft zur Freundschaft oft weniger von der Art, sondern vielmehr von der Beziehung und den Umständen abhängt, unter denen die Tiere aufeinander treffen.

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