· 

Geheimniskrämerei im Gesundheitsministerium – Wie Vertuschung den Maskenskandal politisch schützt

DMZ –  JUSTIZ/POLITIK ¦ Sarah Koller 

KOMMENTAR

 

Was tun, wenn die Wahrheit politisch gefährlich ist? Offenbar: schwärzen, leugnen, abwiegeln. Der sogenannte Sudhof-Bericht, der die umstrittenen Maskengeschäfte des Bundesgesundheitsministeriums während der Corona-Pandemie beleuchten sollte, liegt nun in unzensierter Fassung vor – zumindest NDR, WDR und der Süddeutschen Zeitung. Was darin steht, ist brisant. Und was zuvor geschwärzt war, lässt tief blicken: in eine politische Kultur der Verantwortungslosigkeit und des systematischen Vergessens.

 

Auf 45 bis 48 Seiten, die den Abgeordneten des Bundestags vorenthalten wurden, verbirgt sich kein Staatsgeheimnis, sondern ein möglicher Skandal mit Ansage. Eine milliardenschwere Sonderbehandlung für einen Schweizer Maskenhändler namens Emix, der – ausgerechnet mitten in einer globalen Gesundheitskrise – zu Luxuspreisen mangelhafte Masken lieferte. Dass Ex-Minister Jens Spahn darin nicht nur involviert war, sondern laut Bericht über Akten, Notizen und E-Mails direkt informiert wurde, sollte politisch Konsequenzen haben. Stattdessen: Schweigen. Und Tinte.

 

Politisch gedeckter Sonderweg 

Die dokumentierte "Klarstellungsvereinbarung", mit der Emix trotz massiver Mängel großzügige Nachbesserungsfristen und volle Bezahlung erhielt, widerspricht jeder marktüblichen Sorgfalt. Andere Anbieter wurden abgewiesen, wenn Fristen nicht exakt eingehalten wurden – Emix jedoch bekam mehrfach die Gelegenheit, fehlerhafte Ware zu ersetzen. Und das, obwohl laut TÜV fast die Hälfte der gelieferten Masken nicht den Anforderungen entsprach. Statt Konsequenzen zu ziehen, erklärte das Ministerium den Großteil einfach für „mangelfrei“. Warum? Die Antwort wurde offenbar lieber geschwärzt.

 

Kein Zufall, sondern System 

Die Vorzugsbehandlung für Emix ist kein Einzelfall. Auch ein Parteifreund von Jens Spahn, der CDU-Politiker Niels Korte, profitierte von einem undurchsichtigen Deal. 17.999.000 Euro erhielt dessen Firma – ohne, dass eine nachvollziehbare Gegenleistung dokumentiert wäre. Die Vertragslaufzeit wurde auf fast ein Jahr gestreckt – ungewöhnlich lang in einer Phase, in der das Ministerium auf "dringend schnelle Lieferung" pochte. Dass diese Passagen ebenfalls geschwärzt wurden, legt den Verdacht nahe: Der Schutz der Parteifreunde war wichtiger als die Transparenz gegenüber dem Parlament.

 

Eine Ministerin, die lieber schweigt 

Die aktuelle Gesundheitsministerin Nina Warken hat nicht nur die Verantwortung übernommen – sondern vor allem die Schwärzungen. Sie weigert sich, auf konkrete Fragen einzugehen, und verweist auf angebliche „Vertraulichkeit“. Doch die Schwärzungen treffen auffallend oft jene Stellen, in denen Spahns persönliche Rolle dokumentiert ist – etwa seine Weisung, Maskenbeschaffung ohne Haushaltsfreigabe einzuleiten, oder seine direkte Kommunikation mit Beamten. Es wirkt wie politische Loyalität statt Aufklärungswille – und das in einem Ministerium, das das Vertrauen der Bevölkerung während einer Pandemie verwalten sollte.

 

Der Preis der Intransparenz 

Was diese Affäre zeigt, ist mehr als politische Schlamperei. Es ist ein gefährliches Signal: Wer Verantwortung trägt, kann sie in Deutschland offenbar mit genug politischer Rückendeckung einfach wegschwärzen lassen. Doch je länger der Skandal vertuscht wird, desto tiefer wird das Misstrauen in staatliche Institutionen. Die Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht darauf zu erfahren, warum hunderte Millionen Euro für mangelhafte Masken ausgegeben wurden – und warum ausgerechnet politische Weggefährten davon profitierten.

 

Die geschwärzten Seiten waren kein Versehen, sie waren politisches Kalkül. Die nun offengelegten Passagen sind ein Beleg dafür, dass das Bundesgesundheitsministerium unter Jens Spahn Entscheidungen traf, die weder wirtschaftlich nachvollziehbar noch politisch sauber waren. Dass auch die Nachfolgerin Warken diese Praxis fortsetzt, ist ein Armutszeugnis für eine Regierung, die sich Transparenz auf die Fahnen schreibt. Jetzt braucht es nicht nur Aufklärung – sondern auch Konsequenzen. Politisch. Juristisch. Und moralisch. 


Fehler- und Korrekturhinweise

Wenn Sie einen Fehler entdecken, der Ihrer Meinung nach korrigiert werden sollte, teilen Sie ihn uns bitte mit, indem Sie an intern@mittellaendische.ch schreiben. Wir sind bestrebt, eventuelle Fehler zeitnah zu korrigieren, und Ihre Mitarbeit erleichtert uns diesen Prozess erheblich. Bitte geben Sie in Ihrer E-Mail die folgenden Informationen sachlich an:

  • Ort des Fehlers: Geben Sie uns die genaue URL/Webadresse an, unter der Sie den Fehler gefunden haben.
  • Beschreibung des Fehlers: Teilen Sie uns bitte präzise mit, welche Angaben oder Textpassagen Ihrer Meinung nach korrigiert werden sollten und auf welche Weise. Wir sind offen für Ihre sinnvollen Vorschläge.
  • Belege: Idealerweise fügen Sie Ihrer Nachricht Belege für Ihre Aussagen hinzu, wie beispielsweise Webadressen. Das erleichtert es uns, Ihre Fehler- oder Korrekturhinweise zu überprüfen und die Korrektur möglichst schnell durchzuführen.

Wir prüfen eingegangene Fehler- und Korrekturhinweise so schnell wie möglich. Vielen Dank für Ihr konstruktives Feedback!


 

Unterstützen Sie uns jetzt!

Seit unserer Gründung steht die DMZ für freien Zugang zu Informationen für alle – das ist unser Alleinstellungsmerkmal. Wir möchten, dass jeder Mensch kostenlos faktenbasierte Nachrichten erhält, und zwar wertfrei und ohne störende Unterbrechungen.

Unser Ziel ist es, engagierten und qualitativ hochwertigen Journalismus anzubieten, der für alle frei zugänglich ist, ohne Paywall. Gerade in dieser Zeit der Desinformation und sozialen Medien ist es entscheidend, dass seriöse, faktenbasierte und wissenschaftliche Informationen und Analysen für jedermann verfügbar sind.

Unsere Leserinnen und Leser machen uns besonders. Nur dank Ihnen, unserer Leserschaft, existiert die DMZ. Sie sind unser größter Schatz.

Sie wissen, dass guter Journalismus nicht von selbst entsteht, und dafür sind wir sehr dankbar. Um auch in Zukunft unabhängigen Journalismus anbieten zu können, sind wir auf Ihre Unterstützung angewiesen.

Setzen Sie ein starkes Zeichen für die DMZ und die Zukunft unseres Journalismus. Schon mit einem Beitrag von 5 Euro können Sie einen Unterschied machen und dazu beitragen, dass wir weiterhin frei berichten können.

Jeder Beitrag zählt. Vielen Dank für Ihre Unterstützung!


Kommentar schreiben

Kommentare: 0