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Deutschlandticket – Ein Subventionsprojekt gegen die Wand gefahren

DMZ –  POLITIK  ¦ Anton Aeberhard ¦      

KOMMENTAR

 

Die Warnzeichen sind unübersehbar, doch die Bundesregierung ignoriert sie konsequent: Die von den Ländern erwarteten Kosten für das Deutschlandticket steigen im Jahr 2026 auf geschätzte 3,8 Milliarden Euro. Eine gewaltige Summe – und gleichzeitig ein Beleg für die politische Planlosigkeit rund um ein Ticket, das als Mobilitätsrevolution begann und nun in der Krise steckt. Der Preis wurde bereits im Januar erhöht – von einst 49 auf inzwischen 58 Euro monatlich. Die Quittung: über eine Million Menschen kehrten dem Angebot seither den Rücken.

 

Was als Erfolg verkauft wurde, erweist sich immer deutlicher als ein politisches Feigenblatt: Statt nachhaltiger Verkehrswende erleben wir das Scheitern eines Symbolprojekts an föderalem Kompetenzgerangel, mangelnder Finanzierung und einem grundsätzlichen Unwillen zur strategischen Planung.

 

Während die Länder die Mehrkosten ab 2026 erneut dem Bund zuschieben wollen, schweigt Berlin beredt. Dabei war bereits seit Einführung des Deutschlandtickets klar, dass 49 Euro – geschweige denn 58 – nie kostendeckend sein würden. Wer ein bundesweites Ticket für wenige Euro anbietet, muss dauerhaft Milliarden in den Nahverkehr investieren. Doch weder der Haushaltsplan des Bundes noch die aktuelle Finanzverfassung der Länder geben das her.

 

Stattdessen wurde der Preis im Januar in einer Art politischem Automatismus erhöht – ohne die nötige Transparenz und ohne eine begleitende Debatte über soziale Verträglichkeit oder Auswirkungen auf das Mobilitätsverhalten. Die Folge: Ein massiver Einbruch bei den Nutzerzahlen, den eine interne Studie des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) und der Deutschen Bahn bereits dokumentiert – obwohl sie bislang nicht veröffentlicht wurde. Die Zahlen kursieren dennoch in der Branche und wurden kürzlich von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung aufgegriffen.

 

Der Rückgang um mehr als eine Million Abos seit der Preisanpassung zeigt vor allem eins: Wer bei einem Mobilitätsprojekt wie dem Deutschlandticket den Preis über die Nutzung stellt, riskiert nicht nur den Verlust der gesellschaftlichen Akzeptanz – er gefährdet auch das Vertrauen in die politische Ernsthaftigkeit der Verkehrswende insgesamt.

 

Ein teures Prestigeprojekt ohne Rückhalt 

Bund und Länder hatten sich ursprünglich auf eine paritätische Finanzierung geeinigt – jeweils 1,5 Milliarden Euro. Doch diese Zahlen basierten auf einer euphorischen Annahme von Nutzerwachstum, nicht auf der Realität steigender Betriebskosten, Tarifsteigerungen im ÖPNV oder den Herausforderungen des Fachkräftemangels im Nahverkehr. Jetzt, da das finanzielle Kartenhaus ins Wanken gerät, will sich offenbar niemand die Verantwortung ans Revers heften.

 

Besonders brisant ist dabei: Der Bund lässt sich als oberste Instanz der Verkehrspolitik feiern, reicht aber die strukturelle Unterfinanzierung einfach weiter – an Länder, Kommunen und am Ende an die Nutzer. Die Zeche zahlen jene, für die das Deutschlandticket eigentlich gedacht war: Pendler, Geringverdiener, Studierende.

 

Was bleibt, ist ein weiterer Fall von politischem Zynismus. Ein Projekt, das als gerechtes Angebot zur Mobilität für alle begann, wird zur teuren Symbolpolitik ohne Substanz. Die Bundesregierung – allen voran das Verkehrsministerium – muss sich fragen lassen, warum die Preisentwicklung völlig losgelöst von einem sozialpolitischen Konzept abläuft. Und warum die angeblich so wichtige Verkehrswende am Ende an genau dem scheitert, was sie ermöglichen sollte: am Zugang für alle.


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