
DMZ – POLITIK ¦ Anton Aeberhard ¦
In einer parlamentarischen Anfrage wollte die AfD in Erfahrung bringen, welche Vornamen unter Empfängerinnen und Empfängern von Bürgergeld am häufigsten vertreten sind. Die Intention dahinter ist offensichtlich: Bereits in der Vergangenheit hatte die Partei versucht, über Vornamensabfragen in Kriminalitätsstatistiken migrationsfeindliche Narrative zu stützen. Doch das Ergebnis ihrer jüngsten Anfrage widerspricht offenbar ihren Erwartungen – und zeigt, wie voreingenommene Fragen in der Realität an ihre Grenzen stoßen.
Erhebung zeigt: Mehrheit der Namen hat deutsche Wurzeln
Wie aus einer Antwort des Bundesarbeitsministeriums hervorgeht, führen klassisch deutsche Männernamen die Liste an. Die Auswertung der Bundesagentur für Arbeit nennt „Michael“, „Andreas“ und „Thomas“ als die häufigsten Vornamen unter Bürgergeldempfänger*innen mit Datenstand Juni 2025. So waren etwa 19.200 Menschen mit dem Vornamen Michael unter den Leistungsbeziehenden registriert, gefolgt von Andreas (16.200) und Thomas (15.700).
Auf den weiteren Plätzen folgen Daniel (14.800), Olena (14.400) und Alexander (13.800). Erst danach tauchen mit Ahmad (13.700), Ali (13.500) und Mohammad (12.500) Vornamen auf, die im öffentlichen Diskurs oft pauschal mit Migration verknüpft werden. Weitere häufige Namen waren Christian (13.400), Anna (12.400), Oleksandr (12.000), Tetiana (11.400) und Iryna (10.600).
AfD setzt auf Symbolpolitik – Statistik liefert ein anderes Bild
Die Frage nach den häufigsten Vornamen ist kein Einzelfall. Bereits nach den Silvesterereignissen in den vergangenen Jahren hatte die AfD gezielt nach Vornamen von Tatverdächtigen gefragt, um daraus politische Schlussfolgerungen zu ziehen. Auch vor gerichtlichen Auseinandersetzungen schreckte die Partei dabei nicht zurück, etwa als sie die Offenlegung mutmaßlich „nicht-deutscher“ Vornamen von Messerangreifern forderte.
Doch in diesem Fall dürfte der Versuch, kulturelle Herkunft mit sozialstaatlicher Unterstützung zu verknüpfen, ins Leere laufen. Die Vornamenstatistik zeigt ein breites Spektrum – und an der Spitze eben solche Namen, die sich in Deutschland seit Jahrzehnten größter Beliebtheit erfreuen. Die Realität ist komplexer als die vereinfachenden Zuschreibungen, die von rechter Seite suggeriert werden.
Leistungshöhe unabhängig vom Namen
Unabhängig vom Ergebnis der Erhebung bleibt die Tatsache bestehen: Im Februar 2025 bezogen rund 5,54 Millionen Menschen in Deutschland Bürgergeld. Die Debatte um die Ausgestaltung und Finanzierung des Systems bleibt politisch umstritten – insbesondere vor dem Hintergrund steigender Ausgaben, die mittlerweile rund 50 Milliarden Euro jährlich betragen.
Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) hatte zuletzt angekündigt, die Regeln für Leistungsbeziehende zu verschärfen, etwa bei Terminversäumnissen. Parallel dazu diskutiert die Koalition über eine umfassende Reform. Doch diese Diskussion sollte sachlich geführt werden – losgelöst von Namenslisten, Herkunftsvermutungen oder ideologisch aufgeladenen Anfragen.
Ein alter Befund: Auch deutsche Vorstandsetagen heißen Michael
Bemerkenswert ist auch ein Vergleich mit einer früheren Auswertung: Ein Jobportal hatte 2021 die häufigsten Vornamen von Führungskräften in deutschen Unternehmen untersucht. Auch dort dominierten Namen wie Andreas, Michael, Christian und Thomas. Dies zeigt einmal mehr: Vornamen sagen nichts über soziale Herkunft, Integrationsbereitschaft oder Leistungsbereitschaft aus – sie spiegeln lediglich die demografische Realität der Gesellschaft wider.
Die Zahlen der Bundesagentur für Arbeit zeigen eine diverse Gesellschaft – und widerlegen den Versuch, Sozialleistungen mit bestimmten Herkunftsgruppen in Verbindung zu bringen. Die gezielte Anfrage der AfD ist damit weniger eine Erkenntnisquelle als ein politisches Manöver. Doch die Daten sprechen für sich – und gegen die beabsichtigte Erzählung.
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