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Mit einem eindringlichen Appell an Politik und Gesellschaft hat die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus (EKR) heute ihr 30-jähriges Bestehen begangen. Anlässlich des Jubiläums präsentiert die Kommission ein Manifest, in dem sie ein umfassendes Gleichbehandlungsgesetz für die Schweiz fordert. Ziel ist es, endlich einen wirksamen zivilrechtlichen Schutz vor Diskriminierung zu verankern – ein Anliegen, das auch von internationalen Organisationen seit Jahren an die Schweiz herangetragen wird.
Die Veranstaltung in Bern stand unter dem Motto „Feiern, verstehen, weiterkommen“ und wurde in Anwesenheit von Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider, Nationalratspräsidentin Maja Riniker sowie weiteren Vertreterinnen und Vertretern aus Politik, Zivilgesellschaft und Menschenrechtsorganisationen feierlich begangen.
Drei Jahrzehnte Engagement – und noch viel zu tun
Die EKR wurde 1995 als Reaktion auf die Einführung von Artikel 261bis ins Strafgesetzbuch gegründet, der öffentlich geäusserten Rassismus unter Strafe stellt. Seither versteht sich die Kommission als Brückenbauerin zwischen Recht, Politik und Gesellschaft. Sie dokumentiert rassistische Diskriminierung, berät Betroffene, analysiert rechtliche Rahmenbedingungen und bringt politische Reformen auf den Weg.
Doch trotz sichtbarer Fortschritte bleibe die Schweiz beim Diskriminierungsschutz hinter internationalen Standards zurück, betonte EKR-Präsidentin Ursula Schneider Schüttel in ihrer Rede. "Bis heute existiert im Zivilrecht kein umfassender Schutz gegen Diskriminierung – das ist eine Lücke, die geschlossen werden muss."
Internationale Kritik, nationale Lücken
Zwei neue Studien, die die EKR in Auftrag gegeben hat, stützen diese Einschätzung. Die erste, durchgeführt vom Schweizerischen Institut für Rechtsvergleichung, analysiert Antidiskriminierungsgesetze in europäischen Staaten. Das Fazit: Die Schweiz hat im Vergleich zu vielen Nachbarländern erheblichen Nachholbedarf.
Die zweite Studie untersucht die rechtliche Lage im Inland und zeigt insbesondere im Miet- und Arbeitsrecht gravierende Schutzlücken. Diskriminierte Personen haben bislang kaum Möglichkeiten, sich juristisch wirksam zu wehren.
Vier Gründe für ein Gleichbehandlungsgesetz
Das von der EKR vorgestellte Manifest nennt vier Hauptgründe, warum die Schweiz ein Gleichbehandlungsgesetz dringend braucht:
Schliessung der Schutzlücken: 17 Prozent der Schweizer Bevölkerung gaben 2024 an, rassistische Diskriminierung erfahren zu haben. Die geltende Strafnorm greift jedoch nur bei öffentlicher Hassrede – Alltagsdiskriminierung bleibt oft ungesühnt.
Gleichbehandlung aller: Während gewisse Gruppen – etwa Frauen oder Menschen mit Behinderung – bereits durch spezifische Gesetze geschützt sind, bleiben andere, wie LGBTIQ+-Personen, armutsbetroffene Menschen oder von Rassismus Betroffene, oft rechtlich ungeschützt.
Universeller Schutz: Ein modernes Gleichbehandlungsgesetz würde alle Menschen vor Diskriminierung schützen – unabhängig von Herkunft, Religion, Geschlecht, sexueller Orientierung oder sozialem Status.
Gesellschaftlicher Mehrwert: Der Kampf gegen Diskriminierung dient nicht nur der Menschenwürde, sondern auch der sozialen Gerechtigkeit, der öffentlichen Gesundheit, der Innovationsfähigkeit und dem gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Ein Appell an die Politik
Mit dem Manifest richtet die EKR einen klaren Appell an die politischen Entscheidungsträgerinnen und -träger, die Zivilgesellschaft und die Institutionen: Die Schweiz braucht ein Gleichbehandlungsgesetz, das der Realität ihrer pluralistischen Gesellschaft gerecht wird. Die gesetzliche Verankerung von Gleichbehandlung sei kein Luxus, sondern ein verfassungsrechtlicher und menschenrechtlicher Imperativ.
Ob dieser Appell in konkrete Gesetzesinitiativen mündet, wird sich zeigen. Der politische Wille – so deutlich wurde es bei der heutigen Veranstaltung – ist gefordert wie selten zuvor.
Herausgeber:
Eidgenössische Kommission gegen Rassismus (EKR)
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