
DMZ – POLITIK ¦ MM ¦ Lena Wallner ¦
Zielsteuerungsberichte zeigen Fortschritte – Pandemie und Inflation prägen dennoch Gesamtlage
Wien – Nach Jahren wachsender Gesundheitsausgaben, insbesondere infolge der COVID-19-Pandemie, zeichnen die aktuellen Berichte zur Finanzzielsteuerung im österreichischen Gesundheitswesen ein differenziertes Bild: Zwar konnten einige Bundesländer und auch die gesetzliche Krankenversicherung im ersten Halbjahr 2024 ihre budgetären Zielwerte unterschreiten, doch die finanzielle Gesamtentwicklung bleibt angespannt. Das geht aus dem Jahresbericht 2023 und dem aktuellen Halbjahresbericht 2024 hervor, die von der Gesundheit Österreich GmbH im Auftrag des Sozialministeriums erstellt und dem Parlament vorgelegt wurden.
Kostendämpfung als Langzeitprojekt
Bereits seit 2012 verfolgen Bund, Länder und Sozialversicherung mit der sogenannten Zielsteuerung Gesundheit eine koordinierte Finanz- und Versorgungsplanung. Zentrale Elemente dieser 15a-Vereinbarung sind eine Begrenzung des jährlichen Ausgabenwachstums sowie strategische Verbesserungen bei Versorgungsqualität und Prävention. Anhand von 22 Indikatoren wird überprüft, ob das Ziel einer "besseren Versorgung, besseren Qualität und gesünderen Bevölkerung" erreicht wird.
Für die Jahre 2021 bis 2023 war eine maximale jährliche Ausgabensteigerung von 3,2 % vorgesehen. Doch insbesondere die Pandemie hat diese Vorgaben vielfach ausgehebelt: Laut Statistik Austria beliefen sich die öffentlichen Gesundheitsausgaben (ohne Langzeitpflege) im Jahr 2023 auf 36,44 Milliarden Euro – rund 4,26 Milliarden Euro (13,24 %) über der vereinbarten Obergrenze.
Pandemie und Inflation belasten Budgets
Die Berichte betonen, dass seit 2020 auch pandemiebedingte Aufwendungen – etwa für Testungen, Schutzausrüstung, Contact Tracing oder die Gesundheitsberatung 1450 – in die Ausgabenberechnungen einfließen. Diese Sonderausgaben führten zu einem deutlichen Anstieg des Gesundheitsanteils am Bruttoinlandsprodukt (BIP): Lag dieser zwischen 2010 und 2019 im Durchschnitt bei 6,9 %, stieg er während der Pandemie auf 8,6 % und stabilisierte sich 2023 bei 7,6 %.
2024: Erste positive Signale bei Ländern und Kassen
Erstmals seit Jahren zeigt sich 2024 eine Trendumkehr: Im ersten Halbjahr blieben sieben der neun Bundesländer unter ihren jeweiligen Ausgabenobergrenzen. Nur Wien und das Burgenland überschritten die vereinbarten Limits. Insgesamt wurde damit eine Einsparung von 574 Millionen Euro bzw. 3,07 % gegenüber den Vorgaben erreicht.
Auch die gesetzliche Krankenversicherung verzeichnete nach deutlichen Überschreitungen in den Vorjahren einen Rückgang. 2023 lagen ihre Ausgaben noch 9,82 % über dem Limit – im ersten Halbjahr 2024 konnte erstmals wieder eine Unterschreitung um 505 Millionen Euro bzw. 3,17 % erzielt werden.
Versorgung: Fortschritte und offene Baustellen
Neben der finanziellen Perspektive gibt die Zielsteuerung auch Einblick in die Qualität der Versorgung. Die Mehrheit der 22 definierten Indikatoren bewege sich laut Bericht in die intendierte Richtung. So ist etwa der Anteil der Bevölkerung, der in Primärversorgungseinheiten (PVE) betreut wird, weiter gestiegen und liegt nun bei 5,2 %. Die Krankenhaushäufigkeit nahm leicht ab, die durchschnittliche Bettenbelegung stieg hingegen etwas, blieb aber deutlich unter dem Niveau vor der Pandemie. Tagesklinische und ambulante Leistungen blieben weitgehend stabil.
Kritikpunkte: Impflücken, Medikamente, Rauchverhalten
Als problematisch wird insbesondere die stagnierende Durchimpfungsrate bei Kindern bewertet. In der Altersgruppe der Zwei- bis Fünfjährigen sind mittlerweile 8 % der Kinder komplett ungeimpft gegen Masern, Mumps und Röteln – das Ziel einer 95 %-Durchimpfungsrate wird damit deutlich verfehlt. Nur 87 % dieser Altersgruppe haben die zweite Teilimpfung erhalten.
Nach wie vor fehlt es auch an bundesländer- und sektorenübergreifenden Medikamentenbeschaffungen – ein bereits mehrfach angeregter, aber bisher nicht umgesetzter Schritt zur Effizienzsteigerung im Gesundheitssystem. Positiv vermerkt wird hingegen der Anstieg der besetzten Ausbildungsplätze im Gesundheitsbereich um 11,5 % seit 2016.
Ein gemischtes Bild ergibt sich beim Tabakkonsum: Der Anteil täglich Rauchender ist zwischen 2014 und 2019 von 24,3 % auf 20,6 % gesunken, verharrt seither jedoch auf diesem Niveau. Damit liegt Österreich weiterhin über dem EU-Durchschnitt.
Neue Rahmenbedingungen für 2024 bis 2028
Für die neue Steuerungsperiode bis 2028 wurden die finanziellen Zielwerte angepasst, um den Entwicklungen der vergangenen Jahre – insbesondere der Pandemie und der Inflation – Rechnung zu tragen. Die kommenden Jahre werden zeigen, ob der eingeschlagene Kurs zur langfristigen finanziellen Stabilisierung und zur qualitativen Verbesserung der Versorgung beiträgt.
Herausgeber / Quelle: Parlamentskorrespondenz Österreich ¦
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