
DMZ – POLITIK ¦ Lena Wallner ¦
Insbesondere vulnerable Gruppen betroffen – Impfstatus sollte überprüft werden
Berlin – Das Robert-Koch-Institut (RKI) sieht deutliche Hinweise auf einen sich ausbreitenden Diphtherie-Ausbruch in Deutschland. In seinem aktuellen Epidemiologischen Bulletin (Ausgabe 18/2025) spricht das Institut von einem „Signal für einen deutschlandweiten Ausbruch“ mit dem bakteriellen Erreger Corynebacterium diphtheriae vom Sequenztyp ST574. Besonders betroffen sind derzeit Menschen in prekären Lebenslagen.
Die bisherige Analyse der Genomdaten zeigt: Der Erreger zirkuliert nicht mehr nur in einzelnen Einrichtungen, sondern breitet sich zunehmend regionalübergreifend aus. Bis zum 28. April 2025 wurden 126 Infektionen mit dem spezifischen Erregertyp registriert – ein signifikanter Teil davon bei Geflüchteten. Auffällig ist jedoch, dass sich unter den jüngsten Fällen auch zwei Subcluster gebildet haben, in denen vorwiegend Menschen ohne Migrationshintergrund betroffen sind.
Laut RKI ist damit die Annahme gerechtfertigt, dass die Übertragung mittlerweile innerhalb der allgemeinen Bevölkerung („autochthon“) erfolgt. „Die Erkrankung betrifft längst nicht mehr ausschließlich geflüchtete Menschen“, heißt es im Bericht. Besondere Sorge bereitet den Expertinnen und Experten der Anstieg schwerer respiratorischer Verläufe – mit teils tödlichem Ausgang.
Vulnerable Gruppen besonders gefährdet
Das RKI weist darauf hin, dass Menschen ohne festen Wohnsitz, Drogenkonsument:innen, Ungeimpfte sowie ältere oder chronisch kranke Personen ein besonders hohes Risiko tragen. Der Sequenztyp ST574 wurde in Deutschland erstmals im Herbst 2022 bei Geflüchteten entdeckt. Inzwischen wurden genetisch eng verwandte Isolate aus verschiedenen Bundesländern und Bevölkerungsgruppen identifiziert. Auch eine Ausbreitung in Nachbarstaaten könne nicht ausgeschlossen werden.
Medizinisches Personal soll aufmerksam sein
Angesichts der Entwicklung ruft das RKI medizinische Fachkräfte, Labore und den öffentlichen Gesundheitsdienst zur erhöhten Wachsamkeit auf. Bei bestätigten Erkrankungen sei es entscheidend, schnell Kontaktpersonen zu ermitteln und gezielte Maßnahmen zu ergreifen – angepasst an die Lebensumstände der Betroffenen. Besonders wichtig sei dabei eine enge Zusammenarbeit mit Einrichtungen der Wohnungslosen- und Drogenhilfe sowie Unterkünften für Geflüchtete.
Zudem verweist das Institut auf zwei spezifische Empfehlungen, die beim Ausbruchsmanagement in Gemeinschaftsunterkünften sowie beim Infektionsschutz für wohnungslose Menschen Anwendung finden sollten.
Impfstatus überprüfen – Schutz ist möglich
Diphtherie ist eine bakterielle Infektion, die vor allem die Atemwege betrifft. Sie wird durch Tröpfcheninfektion übertragen und kann durch das von bestimmten Erregerstämmen produzierte Gift lebensgefährliche Komplikationen wie Atemnot, Herzmuskelentzündungen und Nervenschäden hervorrufen. Eine Infektion ist jedoch durch eine Impfung gut vermeidbar.
Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt die Diphtherie-Impfung als Standard für alle Altersgruppen – von Säuglingen bis zu Erwachsenen. Schutz besteht laut RKI dann, wenn eine vollständige Grundimmunisierung erfolgt ist und in den vergangenen fünf bis zehn Jahren eine Auffrischung vorgenommen wurde. Die Impfung richtet sich nicht gegen das Bakterium selbst, sondern gegen das von ihm gebildete Toxin.
Angesichts des Ausbruchsgeschehens appelliert das RKI an alle Bürgerinnen und Bürger, ihren Impfstatus zu prüfen und gegebenenfalls auffrischen zu lassen – insbesondere bei Kontakt zu vulnerablen Gruppen.
Unterstützen Sie uns jetzt!
Seit unserer Gründung steht die DMZ für freien Zugang zu Informationen für alle – das ist unser Alleinstellungsmerkmal. Wir möchten, dass jeder Mensch kostenlos faktenbasierte Nachrichten erhält, und zwar wertfrei und ohne störende Unterbrechungen.
Unser Ziel ist es, engagierten und qualitativ hochwertigen Journalismus anzubieten, der für alle frei zugänglich ist, ohne Paywall. Gerade in dieser Zeit der Desinformation und sozialen Medien ist es entscheidend, dass seriöse, faktenbasierte und wissenschaftliche Informationen und Analysen für jedermann verfügbar sind.
Unsere Leserinnen und Leser machen uns besonders. Nur dank Ihnen, unserer Leserschaft, existiert die DMZ. Sie sind unser größter Schatz.
Sie wissen, dass guter Journalismus nicht von selbst entsteht, und dafür sind wir sehr dankbar. Um auch in Zukunft unabhängigen Journalismus anbieten zu können, sind wir auf Ihre Unterstützung angewiesen.
Setzen Sie ein starkes Zeichen für die DMZ und die Zukunft unseres Journalismus. Schon mit einem Beitrag von 5 Euro können Sie einen Unterschied machen und dazu beitragen, dass wir weiterhin frei berichten können.
Jeder Beitrag zählt. Vielen Dank für Ihre Unterstützung!
Fehler- und Korrekturhinweise
Wenn Sie einen Fehler entdecken, der Ihrer Meinung nach korrigiert werden sollte, teilen Sie ihn uns bitte mit, indem Sie an intern@mittellaendische.ch schreiben. Wir sind bestrebt, eventuelle Fehler zeitnah zu korrigieren, und Ihre Mitarbeit erleichtert uns diesen Prozess erheblich. Bitte geben Sie in Ihrer E-Mail die folgenden Informationen sachlich an:
- Ort des Fehlers: Geben Sie uns die genaue URL/Webadresse an, unter der Sie den Fehler gefunden haben.
- Beschreibung des Fehlers: Teilen Sie uns bitte präzise mit, welche Angaben oder Textpassagen Ihrer Meinung nach korrigiert werden sollten und auf welche Weise. Wir sind offen für Ihre sinnvollen Vorschläge.
- Belege: Idealerweise fügen Sie Ihrer Nachricht Belege für Ihre Aussagen hinzu, wie beispielsweise Webadressen. Das erleichtert es uns, Ihre Fehler- oder Korrekturhinweise zu überprüfen und die Korrektur möglichst schnell durchzuführen.
Wir prüfen eingegangene Fehler- und Korrekturhinweise so schnell wie möglich. Vielen Dank für Ihr konstruktives Feedback!
Kommentar schreiben