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Impfstrategie im Detail: Warum der gewählte Arm bei Mehrfachimpfungen eine Rolle spielen kann

DMZ – MEDIZIN ¦ Sarah Koller ¦      

 

Tolochenaz – Eine vermeintlich banale Frage könnte für die Wirksamkeit von Impfstoffen bedeutsamer sein als bisher angenommen: Macht es einen Unterschied, in welchen Arm eine Impfung verabreicht wird – und sollte man bei mehreren Dosen lieber beim gleichen Arm bleiben?

 

Ein internationales Forscherteam unter Leitung von Tri Phan (University of New South Wales und Garvan Institute of Medical Research) hat neue Hinweise darauf gefunden, dass die sogenannte ipsilaterale Impfung – also die Verabreichung mehrerer Impfdosen in denselben Arm – zu einer schnelleren Immunantwort führen kann.

 

Frühere Antikörperbildung bei ipsilateraler Verabreichung

In präklinischen Versuchen mit Mäusen beobachtete das Forschungsteam, dass die Tiere schneller Antikörper entwickelten, wenn beide Impfstoffdosen in denselben Arm injiziert wurden. In einer anschließenden kleineren Studie mit menschlichen Probanden zeigte sich ein vergleichbares Muster: Die Gruppe mit beidseitig gleich verabreichten Dosen entwickelte schneller eine spezifische Antikörperantwort als jene, bei denen der zweite Stich in den anderen Arm gesetzt wurde.

 

Hinter dem Effekt vermuten die Forschenden eine lokale Immunreaktion in den nächstgelegenen Lymphknoten. Dort aktivieren sogenannte subkapsuläre Sinusmakrophagen das Immungedächtnis – konkret die Gedächtnis-B-Zellen, die maßgeblich an der Antikörperproduktion beteiligt sind.

 

Langfristiger Schutz bleibt gleich

Trotz dieses kurzfristigen Vorteils geben die Wissenschaftler Entwarnung für alle, die ihre Impfdosen in verschiedene Arme erhalten haben. In puncto Langzeitschutz unterscheiden sich die Gruppen nicht – beide Varianten führen nach einigen Wochen zu einem vergleichbaren immunologischen Schutz. Die Geschwindigkeit der Immunreaktion scheint jedoch in Situationen mit dringendem Handlungsbedarf – etwa bei neu auftretenden Infektionswellen – eine potenziell wichtige Rolle zu spielen.

 

Bedeutung für künftige Impfkampagnen

Für die öffentliche Gesundheitsvorsorge könnte diese Erkenntnis besonders in Krisenzeiten relevant sein. Wenn schnelle Immunisierungen gefragt sind – etwa bei Pandemien oder saisonal gefährlichen Erregern – könnte die gezielte Empfehlung einer ipsilateralen Verabreichung die Wirkung von Impfkampagnen verbessern. Allerdings betonen die Forschenden, dass weitere Studien nötig sind, um die Übertragbarkeit auf andere Impfstoffe zu prüfen.

 

Aktuell steht im Rahmen der Europäischen Impfwoche der generelle Nutzen von Impfungen im Mittelpunkt – darunter auch Schutzimpfungen gegen Humane Papillomviren (HPV), die nachweislich das Risiko für Gebärmutterhalskrebs senken können. Solche Kampagnen zeigen, wie stark evidenzbasierte Präventionsmaßnahmen zur öffentlichen Gesundheit beitragen können.

 

Fazit

Die scheinbar nebensächliche Frage nach dem „richtigen Arm“ bei Impfungen erhält durch die neue Datenlage eine unerwartete Bedeutung. Wer alle Dosen in denselben Arm bekommt, profitiert womöglich von einer rascheren Immunantwort – auch wenn sich der Langzeitschutz davon nicht beeinflussen lässt. Für künftige Impfstrategien könnte dies ein einfach umsetzbarer, aber wirksamer Hebel sein, um die Effizienz von Immunisierungen weiter zu verbessern.

 

 

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