
DMZ – JUSTIZ/POLITIK ¦ S. Koller
Berlin – Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) hat die gesamte Partei Alternative für Deutschland (AfD) bundesweit als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestuft. Damit sieht der Inlandsnachrichtendienst ausreichende Anhaltspunkte dafür, dass die AfD in wesentlichen Teilen Bestrebungen verfolgt, die gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung gerichtet sind. Die neue Bewertung erlaubt nun den verstärkten Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel, darunter der Einsatz von Vertrauenspersonen, Observationen sowie Bild- und Tonaufnahmen.
Begründung der Einstufung
In einer Pressemitteilung begründete das BfV die Einstufung mit dem in der AfD verbreiteten „ethnisch-abstammungsmäßigen Volksverständnis“, das im Widerspruch zum Grundgesetz stehe. Besonders kritisiert wird die Ausgrenzung von Menschen mit Migrationsgeschichte, insbesondere aus muslimisch geprägten Ländern, selbst wenn diese deutsche Staatsangehörige sind. Die Partei verstoße damit gegen das Prinzip der Menschenwürde, das zu den tragenden Grundsätzen der Verfassung gehört.
Bereits in den vergangenen Jahren hatten mehrere Landesämter für Verfassungsschutz – darunter jene in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt – ihre jeweiligen AfD-Landesverbände als gesichert rechtsextremistisch eingestuft. Diese Entscheidungen stützten sich auf umfangreiche Beobachtungen und Auswertungen öffentlicher und parteiinterner Äußerungen.
Reaktionen und rechtliche Bewertung
Die AfD hat die Entscheidung des BfV scharf kritisiert. In einer ersten Stellungnahme bezeichnete Parteisprecher Tino Chrupalla die Einstufung als „politisch motivierten Akt“ und kündigte rechtliche Schritte an. Die AfD sehe sich weiterhin „auf dem Boden des Grundgesetzes“, erklärte Chrupalla. Eine Klage gegen die Einstufung wird derzeit vorbereitet.
Rechtlich hat die Einstufung durch den Verfassungsschutz zunächst keine direkten Auswirkungen auf die Parteizulassung oder Mandate der AfD. Sie schafft jedoch die Grundlage für eine intensive Überwachung. Ein Parteiverbot wäre nur durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts möglich und könnte ausschließlich auf Antrag von Bundestag, Bundesrat oder Bundesregierung eingeleitet werden. Solche Verfahren gelten als rechtlich und politisch äußerst komplex.
Internationale Reaktionen
Die Entscheidung des Verfassungsschutzes wurde im Ausland unterschiedlich aufgenommen. Vertreterinnen und Vertreter mehrerer europäischer Regierungen äußerten Verständnis für das Vorgehen. In den USA hingegen kam es zu Kritik: Der amtierende US-Außenminister Marco Rubio – ein prominenter Vertreter der Republikanischen Partei – bezeichnete die Maßnahme laut einem Bericht der Washington Post als „gefährlichen Präzedenzfall“ und sprach von „Einschränkungen politischer Opposition“. Eine offizielle Stellungnahme des Auswärtigen Amts in Berlin liegt bislang nicht vor.
Politikwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler werten die transatlantische Reaktion teils als Ausdruck unterschiedlicher Auffassungen über die Grenzen demokratischer Toleranz gegenüber extremistischen Parteien. Gleichzeitig warnen sie vor einer zunehmenden Politisierung der Sicherheitsbehörden in internationalen Debatten.
Ausblick
Die bundesweite Einstufung der AfD als gesichert rechtsextremistisch markiert eine Zäsur in der sicherheitspolitischen Bewertung der Partei. Während die rechtlichen und politischen Konsequenzen noch nicht absehbar sind, gilt als wahrscheinlich, dass die Entscheidung des Verfassungsschutzes auch Auswirkungen auf das öffentliche Bild der Partei, mögliche Koalitionsoptionen sowie das Verhalten von Wählerinnen und Wählern haben könnte. In der politischen Landschaft Deutschlands dürfte damit ein neues Kapitel im Umgang mit rechtsextremen Strömungen eingeläutet worden sein.
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