
DMZ – POLITIK ¦ Anton Aeberhard ¦
Paris – Mit ungewöhnlicher Klarheit hat Frankreichs Präsident Emmanuel Macron Europa dazu aufgerufen, sich von seiner sicherheitspolitischen Abhängigkeit gegenüber den Vereinigten Staaten zu lösen. In einer programmatischen Rede in Paris plädierte er dafür, dass der Kontinent künftig selbst für seinen Schutz sorgen müsse – notfalls auch ohne Washington.
„Wir müssen bereit sein, uns zu verteidigen – mit oder ohne die Vereinigten Staaten“, erklärte Macron laut einem Bericht von Politico. Der französische Präsident spielte damit nicht nur auf die wiederholten Drohungen von Donald Trump an, die NATO in Frage zu stellen, sondern auch auf ein wachsendes Unbehagen gegenüber der politischen Unberechenbarkeit jenseits des Atlantiks.
Dass Europa sich in Sicherheitsfragen nicht länger auf ein "ewiges amerikanisches Schutzversprechen" verlassen könne, sei laut Macron kein theoretisches Szenario mehr, sondern eine Frage politischer Weitsicht.
Frankreichs atomare Karte
Für besonderes Aufsehen sorgte ein Punkt seiner Rede, der bisher weitgehend tabu war: Frankreichs Nukleararsenal. Macron erklärte sich offen für eine europäische Debatte über einen möglichen „Schutzschirm“ unter französischer Führung – ein bemerkenswerter Schritt, der in der Nachkriegsgeschichte des Kontinents seinesgleichen sucht. Zwar vermied er konkrete Angebote, doch die Signalwirkung ist deutlich: Paris ist bereit, in eine sicherheitspolitische Verantwortung hineinzuwachsen, die lange vor allem in Washington verortet war.
Die Ukraine bleibt Prüfstein
Wie bereits in früheren Auftritten stellte Macron auch diesmal klar: Ein Frieden in Europa, der mit der Kapitulation der Ukraine erkauft würde, ist für ihn kein Frieden. Er erteilte jeglichen Bestrebungen eine Absage, die auf einen faulen Kompromiss mit dem Kreml hinauslaufen könnten. Stattdessen kündigte er ein Treffen europäischer Militärvertreter in Paris an, um konkrete Schritte zur weiteren Unterstützung der Ukraine zu koordinieren. Es geht, so Macron, nicht um Symbolik – sondern um Handlungsfähigkeit.
„Russland versteht keine Sprache außer der der Stärke“, sagte er. Die gescheiterten Minsker Abkommen hätten das deutlich genug vor Augen geführt.
Neue Koordinaten europäischer Sicherheit
Parallel zu Macrons Vorstoß zeigen sich auch in Berlin neue sicherheitspolitische Töne. Zwar ist CDU-Chef Friedrich Merz nicht in Regierungsverantwortung, doch seine Forderung nach mehr europäischer Eigenständigkeit in Sicherheitsfragen fällt auf fruchtbaren Boden – nicht zuletzt mit Blick auf eine mögliche politische Wende nach der nächsten Bundestagswahl. Dass Merz von „amerikanischer Bevormundung“ sprach, dürfte auch in Paris registriert worden sein.
In Brüssel, Warschau, London und eben Berlin zeichnet sich allmählich eine neue sicherheitspolitische Achse ab. Europa, so der Tenor, darf sich nicht länger von der nächsten US-Wahl in Geiselhaft nehmen lassen. Es braucht eigene Kapazitäten – und den politischen Willen, sie zu nutzen.
Zwischen Realismus und Verantwortung
Macrons Rede markiert einen Einschnitt. Jahrzehntelang hatte sich Europa im Windschatten der amerikanischen Schutzmacht eingerichtet. Jetzt, im Schatten eines möglichen US-Rückzugs, stellt sich die Frage neu, wer bereit ist, Verantwortung zu übernehmen – nicht nur auf dem Papier, sondern mit Ressourcen, Strategie und Haltung.
Frankreich hat an diesem Tag seine Hand gehoben.
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