Ressourcenschonender Holzwerkstoff nach dem Vorbild traditioneller Schindeln

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Dübendorf, St. Gallen, Thun – Ein Blick in die Vergangenheit eröffnet neue Möglichkeiten für die Zukunft des nachhaltigen Bauens: Inspiriert von der alpenländischen Schindelherstellung haben Forschende der Empa und der ETH Zürich ein neuartiges Verfahren zur Herstellung von Holzwerkstoffplatten entwickelt. Dabei setzen sie auf gespaltene Holzstäbe – kombiniert mit künstlicher Intelligenz – um Ressourcen zu schonen und künftig auch weniger hochwertiges Holz nutzbar zu machen.

 

In Zeiten wachsender Herausforderungen durch den Klimawandel gewinnt der Baustoff Holz zunehmend an Bedeutung. Doch Trockenperioden setzen insbesondere Nadelhölzern wie der Fichte stark zu. Gleichzeitig wird ein Grossteil des heimischen Laubholzes derzeit verbrannt – obwohl es als nachwachsender Rohstoff einen wichtigen Beitrag zur langfristigen CO₂-Speicherung leisten könnte. Genau hier setzt das neue Verfahren an.

 

Vom Schindelmacher zum Hightech-Baustoff

„Die jahrhundertealte Kunst der Schindelherstellung zeigt uns, wie Holz ohne grossen Energieaufwand effizient verarbeitet werden kann“, erklärt Professor Ingo Burgert von der ETH Zürich und der Empa. Während in Sägereien häufig nur rund 60 Prozent des Holzes verwertet werden, lässt sich durch das Spalten entlang der Holzfaser nahezu verlustfrei arbeiten – und das mit minimalem Energieeinsatz.

 

Um das Potenzial auch für weniger homogenes Laubholz zu erschliessen, wurde das Verfahren weiterentwickelt: Ein zweistufiger Spaltprozess erzeugt zunächst flächige Elemente, die anschliessend zu stabförmigen Holzsegmenten verarbeitet werden. Im Labormassstab kommt dabei eine modifizierte Feuerholzspaltmaschine mit mehrschneidigem Spaltkopf zum Einsatz – ein Schritt, der gleich mehrere Stäbe pro Durchgang ermöglicht.

 

Künstliche Intelligenz sortiert, was die Natur liefert

Da die gespaltenen Holzstäbe in Form und Struktur stark variieren, setzt das Forschungsteam auf künstliche Intelligenz. Ein Kamerasystem nimmt hochauflösende Bilder jedes einzelnen Stabs auf, deren Daten mithilfe neuronaler Netzwerke ausgewertet werden. „So können wir mechanische Eigenschaften wie die Steifigkeit auch bei unterschiedlich geformten Stäben exakt bestimmen“, sagt Empa-Forscher Dr. Mark Schubert. Ziel ist es, jedes Stück Holz optimal zu nutzen – unabhängig von Baumart oder Qualität.

 

Die ersten Demonstratoren zeigen bereits vielversprechende Ergebnisse: Trotz fehlender Vorselektion weisen die Platten eine hohe Ressourceneffizienz und mechanische Stabilität auf – Eigenschaften, die sie für tragende Bauteile im Holzbau qualifizieren könnten.

 

Nachhaltige Alternative mit Zukunftspotenzial

Zwar stehen die Forschenden noch vor Herausforderungen, etwa bei der Verklebung, der Skalierbarkeit und der Vorhersagbarkeit der Materialeigenschaften. Doch Burgert ist überzeugt vom Potenzial der Technologie: „Unser Verfahren könnte den Holzbau revolutionieren und eine nachhaltige Alternative zur herkömmlichen Holznutzung bieten – gerade in Zeiten ökologischer und wirtschaftlicher Umbrüche.“

 

Holzforschung im Aufwind

Das Projekt ist Teil der Initiative Mainstreaming Wood Construction (MainWood), mit der der ETH-Rat den Holzbau in der Schweiz strategisch vorantreiben will. In Planung ist auch ein Center for Wood Materials and Structures, das künftig als zentrale Plattform für Holzforschung dienen und neue Impulse für die gesamte Wertschöpfungskette liefern soll – von der Forstwirtschaft bis zum Bauwesen.

 

Die Vision ist klar: Mit intelligenter Technik, traditionsbewusster Inspiration und wissenschaftlichem Know-how soll Holz als klimafreundlicher Baustoff der Zukunft noch vielseitiger genutzt werden.

 

 

Herausgeber

Eidg. Materialprüfungs- und Forschungsanstalt

http://www.empa.ch


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