
DMZ – POLITIK ¦ Dirk Specht ¦
KOMMENTAR
Das WSJ hat meinen Beitrag zur Asymmetrie der Bonds- und Devisenmärkte heute ausführlicher erklärt. Lesenswert! Dass gleichzeitig Aktien- und Bondsmärkte sinken sowie der Dollar verliert, ist ein toxisches Signal für einen Vertrauensverlust in ganz wesentliche Stärken der USA: Der Dollar als Reserve und der US-Bondsmarkt als dessen sicherste Form.
Ebenso berichtet das WSJ, wie die Trump-Clique die Aussetzung für 90 Tage nun erklärt. Demnach war das in deren Genialität natürlich wie immer genau so geplant. Die Absicht bestehe weiter darin, durch Zölle die Handelsbilanzen auszugleichen. Das könne auch durch gute „Deals“ erfolgen, welche bilateral Verzicht auf Zölle bedeuten. Trotzdem sollen die Zölle sowohl Inlandsinvestitionen erzwingen und hohe Staatseinnahmen erzeugen, um die Schulden zu senken sowie die versprochenen Steuersenkungen zu ermöglichen.
Die Zölle sollen demnach gleichzeitig eine Lenkung erzeugen, welche ihr Aufkommen reduziert, im Einzelfall ganz verzichtbar sein, aber dauerhaft viel Geld einbringen. Zudem soll der Dollar sinken, damit die Exporte gefördert werden und die Zinsen sollen auch sinken, damit die Staatsfinanzen entspannter werden. Weshalb Investoren bei einer schwächeren Währung und einer inflationstreibenden Finanzpolitik mit weniger Zinsen zufrieden sein sollen, wird nicht weiter erläutert. Parallel steigt aber die Rhetorik in Richtung Notenbank, die solle die Zinsen senken, was die aber bei den relevanten Langläufern nur mit Aufkaufprogrammen tun kann und dafür müsste sie ihre Inflationsziele begraben.
Das klingt wie die Idee, ein Erdbeermarmeladepausenbrot für ein Schulkind mit Erdbeerallergie anzufertigen, welches das Kind gar nicht essen wird, weil es in der Pause lieber mit anderen spielt und jedes Brot auf dem Schulweg an die Enten verfüttert.
Vielleicht hat jemand Trump erklärt, dass dieses Signal der Bonds- und Devisenmärkte sein Erdbeermarmeladepausenbrot verschimmeln lässt, noch bevor es bei den Enten landen kann. Vielleicht war sogar tatsächlich geplant, zuerst mal wieder einen Revolver auf den Tisch zu legen, um die globale Verhandlungslage per Schockfrostung auf -30 Grad anzuheizen, damit es danach besonders heiß her geht.
Heute dominieren nun wieder Spekulationen, was dahinter stecken könnte. Erzeugen die solche Marktschwankungen absichtlich, um Insidergeschäfte zu machen? Wollen die mit der Unsicherheit von den eigenen Industriebossen bis zu anderen Staatschefs Erpressungspotenziale aufbauen, um ganz andere „Deals“ zu erzwingen? Geht das sogar weiter, indem jetzt auch noch ein Währungs- und Finanzkrieg entfesselt werden soll? Oder sind die tatsächlich ideologisch so tief in ihrer Hybris gefangen, mit solchen Instrumenten ihre widersprüchliche Marmelade einfach erzwingen zu können?
Ich finde eine ganz andere Perspektive wichtiger: Was auch immer deren Pläne sind, sie haben etwas ausgelöst, das sie in deren Hybris vermutlich für unwichtig halten, nämlich Reaktionen aller anderen. Wenn man so in ein System hinein sticht, reagiert alles. Das sollte sogar gerade der mit dem größten Stachel beachten, hat das aber vermutlich nicht getan.
Derzeit dürfte die komplette Welt außerhalb der USA kurzfristig prüfen, wie man mit den USA zurechtkommt, zugleich aber langfristig Wege suchen, wie es ohne die gehen mag. Niemand mit Grundverstand von Strategie wird so etwas freiwillig in Gang setzen.
Ein Akteur, der diese Überlegung sicher schon länger verfolgt, ist China. Die haben die Sache mit dem US-Dollar und den US-Bonds schon länger im Visier, viele wissen das gar nicht. Interessant ist das Chart anbei, denn es ist vielleicht kein Zufall, dass Trump triumphierend mit Japan und UK die ersten verkündet, die unbedingt mit ihm reden wollen, während die Chinesen seine Zölle knallhart entgegnen.
Dieses Genie im Weißen Haus hat sich geostrategisch an Putin schon immer verhoben, von den Krisenherden in Afghanistan über Syrien nun bis zur Ukraine. Bei Xi könnte er nun einen noch größeren Strategen vor sich haben, der schon länger nichts anderes als einen Plan hat, wie er Trump nutzen kann, um seine eigene Situation zu verbessern. Dass so ein Plan überhaupt möglich sein kann, dürfte weit außerhalb von Trumps Wahrnehmungsfähigkeit liegen.
Meine Vermutung ist, dass es nur noch ein kurzes Fenster gibt, welches den USA die Chance lässt, das Spiel zu dominieren. Wenn die so fortsetzen, wird es kippen und dann sollten wir den Gegenreaktionen viel mehr Aufmerksamkeit widmen. Das gilt insbesondere für die eigene, die nur eine europäische sein kann.

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