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Dübendorf, St. Gallen und Thun – Die weltweite Zunahme antibiotikaresistenter Bakterien stellt die moderne Medizin vor eine der größten Herausforderungen. Infektionen, die einst leicht behandelbar waren, können heute lebensgefährlich werden. Forschende der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) arbeiten daher an innovativen Sensoren, die resistente Keime frühzeitig identifizieren und eine gezielte Therapie ermöglichen.
Eine wachsende Bedrohung für die Gesundheit
Antibiotikaresistenzen breiten sich rasant aus. Schätzungen zufolge könnte die Zahl der Todesopfer durch multiresistente Bakterien bis 2028 auf ein Niveau steigen, das an die Zeit vor der Entdeckung des Penicillins erinnert. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) spricht von einer "stillen Pandemie" und warnt vor katastrophalen Folgen für die globale Gesundheitsversorgung. Eine der Hauptursachen für diese Entwicklung ist der ungezielte Einsatz von Antibiotika. In Notfallsituationen bleibt oft keine Zeit für langwierige Labortests, sodass Medikamente auf Verdacht verabreicht werden – mit dem Risiko, dass sie unwirksam bleiben und Resistenzen weiter zunehmen.
Sensor leuchtet bei Lungenentzündung
Eine der gefährlichsten Infektionen ist die durch Klebsiella pneumoniae verursachte Lungenentzündung. Forschende der Empa entwickeln gemeinsam mit dem Kantonsspital St. Gallen einen Sensor, der durch Fluoreszenz anzeigt, ob eine Infektion mit diesem Erreger vorliegt. Grundlage dieser Technologie ist das Enzym Urease, das von den Bakterien produziert wird und in Wechselwirkung mit speziellen Polymerpartikeln tritt. Die neue Methode könnte die Diagnosedauer von mehreren Tagen auf wenige Stunden verkürzen.
Pflaster warnt vor Wundkeimen
Ein weiteres Einsatzgebiet für innovative Diagnostik ist die Behandlung infizierter Wunden, die oft als Brutstätte für resistente Bakterien dienen. Ein interdisziplinäres Team entwickelt derzeit einen intelligenten Wundverband, der spezifisch auf Krankheitserreger reagiert. Die Technologie basiert auf Silica-Nanopartikeln, die sich in einem bioverträglichen Hydrogel befinden. Der Sensor kann Veränderungen des Säure-Base-Haushalts und das Vorhandensein von Enzymen anzeigen, die auf resistente Keime hinweisen. Besonders gefährliche Erreger wie Staphylococcus aureus werden so frühzeitig erkannt.
Magnetische Partikel fischen Erreger aus dem Urin
Harnwegsinfektionen sind eine weitere Domäne multiresistenter Bakterien. Pseudomonas aeruginosa, ein gefährlicher Krankenhauskeim, kann über Katheter oder während eines Spitalaufenthalts in den Harntrakt gelangen. Empa-Forschende haben in Zusammenarbeit mit der ETH Zürich ein Verfahren entwickelt, das mithilfe magnetischer Nanopartikel die Bakterien schnell aus einer Urinprobe extrahiert. Die Partikel sind mit Proteinen beschichtet, die gezielt mit Pseudomonas aeruginosa reagieren. Die anschließende Analyse mittels Chemilumineszenz erlaubt eine Resistenzbestimmung innerhalb von nur 30 Minuten.
Interdisziplinäre Forschung gegen die "stille Pandemie"
Die Empa forscht intensiv an neuen Strategien zur Bekämpfung von Antibiotikaresistenzen. Im Rahmen des "Research Booster"-Programms arbeiten mehrere Labore in Zusammenarbeit mit Kliniken daran, Diagnose, Therapie und Prävention entscheidend zu verbessern. Mit dieser Initiative hofft man, die Gesundheitsversorgung nachhaltig zu stärken und die drohende Krise abzuwenden.
Superkeime im Fokus
Multiresistente Bakterien stellen eine zunehmende Gefahr dar. Zu den besonders gefährlichen Erregern zählen unter anderem Escherichia coli, Staphylococcus aureus, Klebsiella pneumoniae, Streptococcus pneumoniae, Acinetobacter baumannii und Pseudomonas aeruginosa. Die WHO hat sie als priorisierte Forschungsziele definiert, da sie mit Millionen von Todesfällen in Verbindung stehen. Um ihre Verbreitung einzudämmen, sind innovative Diagnostikverfahren und ein verantwortungsvoller Einsatz von Antibiotika essenziell.
Herausgeber
Eidg. Materialprüfungs- und Forschungsanstalt
http://www.empa.ch
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