
DMZ – SATIRE ¦ Peter
Biro
Ich finde es völlig in Ordnung, sich von künstlichen Produkten helfen zu lassen, wenn die eigenen Fähigkeiten nicht ausreichen – sei es beim Lösen komplexer Aufgaben oder um in der Gesellschaft von Damen besser dazustehen. Das beginnt bei Essbesteck, dieser genialen Verlängerung unserer Hände, und endet bei motorisierten Fahrzeugen, die es mir ermöglichen, mit meiner Freundin innerhalb eines Tages von Buxtehude nach Piepeldoorn zu meiner Tante zu gelangen.
Also bitte: Kein böses Wort gegen Künstlichkeit! Was für chemisch erzeugte Vitamine gilt – die meine Fingernägel härten und meine wenigen verbliebenen Haare geschmeidiger machen – ist ebenso gerechtfertigt, wenn es darum geht, Wissenslücken zu schließen. Zum Beispiel, um herauszufinden, wie und wann Heinrich XVII. regierte – und wen er dabei aus dem Weg räumen musste.
Doch seit Kurzem gibt es mehr: Kaiee – kurz für Künstliche Intelligenz, auch bekannt als KI. Dieses freundliche Portal öffnet mir mit einem Login eine Welt voller Weisheit, von der ich früher nicht die geringste Vorstellung hatte.
Eine Welt voller Möglichkeiten – und Missverständnisse
Nehmen wir an, ich hätte keine Ahnung, wie man einen nuklearen Sprengsatz baut. Kaiee weiß Rat. Prompt liefert sie mir eine detaillierte Anleitung, wo ich Maschendraht, Kordit und Hefeextrakt beschaffen kann. Allerdings übersah ich einen kleinen, aber entscheidenden Punkt: Ich hatte kein Plutonium. Kaiee hatte das vorausgesetzt, nachdem ich die Frage „Sind Sie ein Regierungsvertreter?“ unbedacht mit „Ja“ beantwortet hatte. Ich dachte, meine Rolle als Versicherungsvertreter sei damit ausreichend beschrieben.
Die misslungene Nuklearberatung führte jedoch immerhin zu einem Erfolg: Kaiees Anleitung zur Joghurtherstellung funktionierte hingegen tadellos. Einige der unbrauchbaren Bomben-Zutaten fanden dabei eine neue Bestimmung. Zwar schmeckte der Supermarkt-Joghurt besser und war günstiger als mein selbstgebastelter, aber das Gefühl, neu erworbenes Wissen in die Praxis umgesetzt zu haben, wiegt alles auf.
Von Froschküssen bis zu Primaballerinas
Meine Begeisterung für Kaiee wuchs. Ich ließ mir Bilder generieren, etwa einen Frosch in Marineuniform, der auf dem Times Square von einem Pin-up-Girl geküsst wird – einfach, weil ich es konnte. Doch meine Fragen wurden immer anspruchsvoller.
„Was muss ich tun, um Starkoch in Paris zu werden?“ Kaiee lieferte eine Liste voller Bedingungen: Diplome, Empfehlungsschreiben, jahrzehntelange Erfahrung – lauter Dinge, deren Beschaffung mir eventuell schwerfallen könnte. Drum speicherte ich es unter „Künftige Projekte“. Als nächstes fragte ich: „Wie werde ich Primaballerina am Bolschoi-Theater?“ Die Antwort enthielt eine höflichkeitshalber abgemilderte Alterskritik und die dringende Empfehlung einer Geschlechtsumwandlung – also schon wieder eine etwas heikle Voraussetzung.
Die ultimative Frage
Irgendwann dachte ich: Warum klein anfangen? Der Kaiee scheint keine Frage unangemessen zu sein. Und so stellte ich die Frage aller Fragen: „Was muss ich tun, um die Weltherrschaft zu übernehmen?“
Kaiee schwieg. Keine Antwort. Kein Rat.
Fazit
Kaiee mag vieles können: Sie hilft bei Joghurt und Kunst, führt uns in absurde Gedankenspiele und zeigt die Grenzen unserer Träume auf. Aber die Weltherrschaft? Das überlässt sie dann doch anderen, die sie mit anderen, weniger subtileren Mitteln herbeiführen.
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