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Die Gefahr der amerikanischen Radikalisierung: Warum Europas Demokratie wachsam bleiben muss

DMZ –  POLITIK ¦ Dirk Specht ¦    

KOMMENTAR

 

Es ist dringend geboten, die Vorgänge in den USA viel breiter zur Kenntnis zu nehmen. Wie primitiv deren Narrative auch bei uns verfangen, gefährdet unsere demokratischen Entscheidungsprozesse. Milei, Musk, DOGE, die Kettensäge sind Metaphern, die sich gar bei uns immer noch viele zu eigen machen, wenn sie Probleme mit Schulden, Staatsausgaben, Bürokratie, Wirtschaft oder Migration sehen - zudem oft ohne tiefere Kenntnis von Ursachen.

 

Biden und seine Politik galten sogar bei uns als „links“, dabei ist das für europäische Verhältnisse eine - wie ich finde intelligente - turbokapitalistische neoliberale Konzeption gewesen. Milei hat einen bankrotten, hoch korrupten peronistischen Staat übernommen, das kann man nichtmal sozialistisch nennen. Statt solche Ausgangslagen auf unsere Verhältnisse zu übertragen und diese Reaktionsmuster für uns zu fordern, wäre besseres Verständnis so wichtig!

 

Was die Clique hinter Trump, der bei längeren öffentlichen Auftritten zunehmende Demenzsymptome zeigt, treibt, ist ein unfassbares, gewiss überwiegend so beabsichtigtes Chaos. Ohne klares Mandat, ohne demokratische Kontrolle, ohne Achtung von Institutionen, Ordnungsstrukturen und Gewaltenteilung agieren die willkürlich und zeigen zunehmend, dass sie einen Staat mit einem (amerikanischen) Unternehmen verwechseln.

 

Innenpolitisch sammelt das Musk-Team unfassbare Macht, weshalb sogar Teile der Republikaner versuchen, die Aufgaben in besser legitimierte Institutionen zu verlegen. Andere Teile schlagen gar vor, dass die Geheimdienste diesen großen Datenbestand von Musk übernehmen sollten - so gutes Material hat nichtmal die NSA. Die höchste demokratische Instanz, das Parlament, oszilliert zwischen dem hilflosen Versuch, Kontrolle zu erlangen und der Versuchung, den Überwachungsstaat auszubauen. Wow!

 

Mit knapper Mehrheit hat der Trump-Haushalt die erste Hürde genommen. Kerndaten: Die versprochenen Einsparungen sollen bis zu 2 Billionen erreichen, die Steuersenkungen aber bis zu 4,5 Billionen kosten. Anders als bei Biden jedoch keine strukturierten Steueranreize für die Industrie, sondern generelle Senkung. Gegenfinanzierung: Mehr Schulden und Kürzung des Gesundheitssystems, welches ohnehin für die große Masse eines der schlechtesten unter den Industrieländern ist. Was für eine asoziale Umverteilung! Null Strukturwirkung für die Ökonomie, tatsächlich Schulden für eine Gießkanne und die Kranken der Gesellschaft sollen den größten Beitrag leisten.

 

Außenpolitisch sollen mit der Ukraine und Russland „Deals“ gemacht werden. Mit beiden will Trump angeblich große Geschäfte machen, für die US-Industrie tolle Deals, die zugleich den „Frieden“ sichern. Die Ukraine konnte er wohl so weit erpressen, dass die es machen (müssen). Bei Russland sagt die eigene Wirtschaft: Sorry Mr. President, kein Investment in Russland, das muss POTUS selbst machen oder staatlich absichern. Zu unsichere Rechtsverhältnisse unter Putin.

 

Derweil stellt China sich auf. Russland ist schon so tief abhängig, dass man hier hinter den Kulissen ohnehin am Tisch sitzt. Zugleich hat man sich wegen kommender Zölle lange vorbereitet und seit Jahrzehnten die Geschäftsbeziehungen bestens diversifiziert. Die gehen bei weitem nicht so chaotisch/hilflos in die Trump-Amtszeit, wie die Europäer.

 

Russen und Chinesen dürften über diese US-Neogarchen und deren Dealmaker-Strategien herzlich lachen. Musk, Thiel etc. mögen in den westlichen Industrieländern einigermaßen wissen, was sie tun - geopolitisch sind das blutige Anfänger!

 

Für Europa ist das alles andere als ein Vorbild. Wir müssen unsere Chancen suchen und die könnten darin liegen, in einer multipolaren Welt wieder ein eigenständiger Pol zu werden.


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