
DMZ – POLITIK ¦ Anton Aeberhard ¦
Ein Korruptionsskandal erschüttert die Ruag: Im Zentrum steht ein ehemaliger Manager des Rüstungsunternehmens, dem Betrug, Urkundenfälschung und Geldwäscherei vorgeworfen werden. Der finanzielle Schaden? Offenbar ein hoher zweistelliger Millionenbetrag. Doch der Fall wirft nicht nur Fragen zur Verantwortung des Beschuldigten auf – er legt auch Versäumnisse im Verteidigungsministerium offen, das unter der Leitung von Bundesrätin Viola Amherd steht.
Frühzeitige Warnungen – doch niemand griff ein
Bereits 2019 gab es erste Hinweise auf Unregelmäßigkeiten. Ein anonymer Whistleblower schlug Alarm: Panzergetriebe, die eigentlich verschrottet werden sollten, seien weit unter Marktpreis an eine deutsche Firma verkauft worden – ein Geschäft, das vor allem dem Zwischenhändler, nicht aber der Ruag zugutekam. Der Whistleblower wandte sich sowohl an das Verteidigungsdepartement (VBS) als auch an den Verwaltungsrat der Ruag. Doch statt einer umfassenden Untersuchung herrschte weitgehend Stillstand.
Innerhalb der Ruag fanden kritische Stimmen kaum Gehör, die Compliance-Abteilung konnte sich offenbar nicht durchsetzen. Besonders brisant: Der beschuldigte Manager wurde über die laufenden Ermittlungen vorab informiert – ein Umstand, der ihm möglicherweise half, belastende Beweise verschwinden zu lassen. Erst als sich 2022 die deutsche Korruptionsstaatsanwaltschaft einschaltete, nahm der Fall an Fahrt auf. Hausdurchsuchungen brachten neue Erkenntnisse ans Licht, darunter auch Hinweise auf die Verwicklung der Ehefrau des Managers, die über eine Firma an den Geschäften beteiligt gewesen sein soll.
Millionenverluste und verschleierte Deals
Ein Bericht der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK) verdeutlicht die Dimension des Skandals. Der finanzielle Schaden könnte in die hohen zweistelligen Millionenbeträge reichen. Neben Betrug und Urkundenfälschung stehen weitere Vorwürfe im Raum: Verstöße gegen Geschäftsgeheimnisse, passive Bestechung und Geldwäscherei.
Besonders aufschlussreich ist der Fall eines Ersatzteilgeschäfts mit der finnischen Armee. Der offizielle Wert der gelieferten Teile? Drei Millionen Franken. Doch laut EFK waren sie in Wahrheit 48 Millionen Euro wert. Die Differenz – eine Summe in Millionenhöhe – floss offenbar an anderen Stellen ab.
Lückenhafte Kontrolle – und politische Verantwortung
Die Ruag ist nicht das einzige Problem. Auch das Verteidigungsministerium gerät unter Druck. Der Bericht der EFK stellt fest, dass sowohl die Logistikbasis der Armee als auch das Rüstungsamt Armasuisse erhebliche Kontrollmängel aufweisen. Zwischen 2014 und 2023 wurden mehr als 1.100 Verschrottungen und 1.300 Inventuranpassungen vorgenommen – oft ohne die nötigen Genehmigungen.
Zudem zeigt sich ein strukturelles Problem: Wichtige Entscheidungen wurden nicht über offizielle Kanäle zwischen VBS und dem Verwaltungsrat der Ruag getroffen, sondern liefen über informelle Netzwerke. Die EFK kritisiert diese Praxis als klare Führungsschwäche.
Konsequenzen? Weiterhin ungewiss
Die Ruag hat mittlerweile eigene Strafanzeigen eingereicht und prüft, ob frühere Verantwortliche zur Rechenschaft gezogen werden können. Doch in puncto Transparenz gibt es bereits Rückschläge: Während Compliance-Meldungen früher öffentlich einsehbar waren, sind diese Informationen mittlerweile von der Website verschwunden. Eine künftige Veröffentlichung sei nicht vorgesehen, teilte die Ruag mit.
Die laufenden Ermittlungen werden zeigen, welche Konsequenzen dieser Skandal tatsächlich haben wird. Fest steht jedoch: Die Probleme waren lange bekannt – doch der politische Wille, entschlossen einzugreifen, fehlte.
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