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CDU und die Frage der Rassismus-Debatte: Ein Blick auf die Doppelmoral

DMZ –  POLITIK ¦ Lena Wallner ¦          
KOMMENTAR

 

Die CDU zeigt sich empört über eine Bemerkung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der auf einer privaten Veranstaltung CDU-Politiker Joe Chialo als "Hofnarr" bezeichnet haben soll. Diese Äußerung wurde von der CDU als schockierend und respektlos empfunden, und führende Mitglieder der Partei forderten eine Entschuldigung. Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) und die CDU-Schatzmeisterin Julia Klöckner brachten ihre Empörung in deutlichen Worten zum Ausdruck.

 

Doch es stellt sich die Frage, warum dieselbe Partei bei rassistischen Äußerungen aus ihren eigenen Reihen weit weniger bereit ist, sich kritisch auseinanderzusetzen. Denn die CDU hatte in der Vergangenheit immer wieder mit problematischen Äußerungen zu kämpfen, die rassistische und diskriminierende Tendenzen widerspiegeln.

 

So sprach der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz noch vor wenigen Tagen von "vergewaltigenden Asylantengruppen", eine Formulierung, die breite Kritik hervorrief. Auch andere Mitglieder der Partei, wie etwa Alexander Dobrindt (CSU), warnten wiederholt vor einer angeblichen "Asylanten-Invasion", eine rhetorische Wendung, die klare Parallelen zu extrem rechten Diskursen aufweist. Solche Äußerungen haben in der Öffentlichkeit oft für Empörung gesorgt, wurden aber seitens der Parteiführung häufig nicht mit der gleichen Vehemenz kritisiert.

 

In diesem Zusammenhang erscheint die aktuelle Empörung über Scholz' Äußerung über Chialo aus einer breiteren Perspektive problematisch. Die CDU stellt sich als vehemente Kämpferin gegen Rassismus dar, doch ihre Reaktion auf ähnliche Vorfälle in den eigenen Reihen ist oft zurückhaltend. Dies lässt den Eindruck einer Doppelmoral entstehen, bei der rassistische Rhetorik nur dann kritisiert wird, wenn sie politisch von Nutzen erscheint.

 

Bundeskanzler Scholz wies die Anschuldigungen zurück und erklärte, dass der Begriff "Hofnarr" historisch betrachtet keine rassistische Konnotation habe. Vielmehr sei er eine Metapher, die sich auf die politische Rolle von Chialo in einer Partei bezog, die sich zunehmend nach rechts orientiert. Die SPD spricht von einer gezielten Kampagne, um Scholz vor der Europawahl zu diskreditieren.

 

Es ist jedoch auffällig, dass die CDU diesen Vorfall erst zehn Tage nach dem Ereignis öffentlich machte, was den Verdacht auf eine politische Instrumentalisierung der Empörung aufwirft. Kritiker werfen der Partei vor, mit solchen Skandalen von eigenen, problematischen politischen Tendenzen abzulenken.

 

Die CDU ist gefordert, sich nicht nur öffentlich gegen rassistische Aussagen aus anderen politischen Lagern zu positionieren, sondern auch in den eigenen Reihen eine klare Haltung zu zeigen. Die Frage bleibt: Wann wird die Partei glaubwürdig und konsequent gegen die rassistischen Tendenzen innerhalb ihrer eigenen Reihen auftreten?

 

Olaf Scholz sagt dazu

"In einem Gespräch auf einer privaten Geburtstagsfeier zwischen mir und einem Journalisten ging es vor zehn Tagen um das gemeinsame Abstimmungsverhalten von CDU/CSU und AfD im Deutschen Bundestag. Dies habe ich in dem Gespräch als Tabubruch bezeichnet. Des Weiteren ging es um die Frage, ob sich das wiederholen könne und wer innerhalb der CDU diesen Tabubruch überhaupt offen thematisiere. Auf den Hinweis, dass es auch liberale Stimmen in der CDU gebe, entgegnete ich, dass sich nur sehr wenige liberale Stimmen in der CDU gegen das Verhalten des CDU-Vorsitzenden gestellt und kritisch zu Wort gemeldet hätten.

 

Der dabei von mir verwandte Begriff ist im Sprachgebrauch nicht rassistisch konnotiert und war von mir auch nie so intendiert. Der erhobene Vorwurf des Rassismus ist absurd und künstlich konstruiert. Persönlich schätze ich Joe Chialo gerade als eine wichtige liberale Stimme in der Union."


 

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