
DMZ – POLITIK ¦ Dirk Specht ¦
KOMMENTAR
„Die Wirtschaft“ leidet unter „der Energiewende“ und kann nur abwandern, „De-Industrialisierung“ schreitet voran.
Dies und viele Bild/Spahn/AfD et al. Expertenthesen lese ich oft, so auch zuletzt von einem CEO eines mittelständischen Industriebetriebs. Ich bot ihm an, seine Energiebeschaffung mal ohne Honorar zu analysieren. Er konnte nicht widerstehen. Ich prüfte kurz die Bilanzen und in diesen die Energiebschaffung der letzen 20 Jahre, führte ein Interview mit dem Produktionsleiter und dann eine kurze Telko mit dem Boss. Nettozeitaufwand: Keine vier Stunden. Erforderliche Kompetenz: Erstsemester. Ich werde tatsächlich die Daten anonymisieren und als Klausur stellen, meine Studierenden schaffen das.
Hier die Essenz: Die Energiekosten machten vor der 2021er Preiskrise von ca. 2% zuletzt ca. 3% der Gesamtkosten aus, waren also auf niedrigem Niveau chronisch steigend. Der Boss wusste das nicht. In der Energiekrise sind es kurzfristig 15% gewesen. Das wusste er. Inzwischen liegen sie bei 5%. Das war ihm neu.
Ich fragte ihn, wie seine Energiebilanz im Detail aussieht. Das wusste er recht gut, er konnte mir Strom- und Wärmebedarf nennen. Was er nur am Rande wusste: Die hatten sich mal ein BHKW (gasbetriebenes Kleinkraftwerk für die kombinierte Strom/Wärmeproduktion) aufschwatzen lassen. 25 Millionen, die sich über 20 Jahre „rechnen“ und danach Geld drucken, wenn das Teil noch länger hält, was es meist tatsächlich tut.
Dass also selbst seine PCs gasbetrieben sind, war ihm also klar, aber er ging davon aus, dass das immer noch besser als der teuerste Strompreis der Welt ist. Geprüft hat das keiner, insbesondere der Finanzchef nicht, denn da droht ja eine Abschreibung über immer noch 20 Millionen, wenn man den Schrottwert des BHKW erkennt.
Ist aber so. Dass er in seiner kompletten Produktionen keinen Wärmeprozess über 200 Grad hat und mit Wärmepumpen alles elektrifizieren kann, wusste keiner, auch der Produktionsleiter nicht. Dass man auf dem Gelände mit PV, Batterie- und Wärmespeichern eine perfekt elektrifizierte Produktion aufbauen kann, die sehr gut flexible Stromtarife nutzt, hatte keiner auch nur angedacht.
Meine Empfehlung: BHKW verschrotten, Gasbezug komplett substituieren, Eigenproduktion Strom plus Speicher, Strombezugsvertrag (ppa) ausschreiben oder einen Strommarktexperten einstellen und Strom selbst handeln. Damit kann er global wettbewerbsfähige Energiekosten realisieren, auch in Deutschland, jetzt schon. Nebenbefund: Die Produktivität des Unternehmens hat sich in 20 Jahren halbiert (wusste er nicht), laut Branchenbenchmark (kannte er nicht) ist die aber um 30% gestiegen. Da liege wohl sein Problem, nicht mal in seiner selbst gezüchteten Gasrechnung, so mein freundlicher Rat.
Ich kenne beim Standort Deutschland den Faktor Managementversagen nicht. Bei einer Stichprobe von inzwischen um die 500 Unternehmen, die ich in verschiedenen Rollen intern bewerten konnte, kenne ich ihn.
Mein Rat an Politik und Öffentlichkeit lautet: Den Faktor Versager bitte nicht unterschätzen und das beginnt mit der besonderen Empfehlung, denen nicht zuzuhören. Was „die Wirtschaft“ teilweise bis auf Ebene von Verbänden an zu teuer produziertem Blech kommuniziert, darf für unsere Wahrnehmung keine Bedeutung erlangen, sonst versagen wir insgesamt!
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