
DMZ – FORSCHUNG ¦ Lena Wallner
Wissenschaftler haben in einer Studie Belege dafür gefunden, dass eine Infektion mit SARS-CoV-2 zu Veränderungen im Blutplasma führen kann, die mit Alzheimer-typischen Hirnveränderungen in Verbindung stehen. Die im Rahmen der britischen UK-Biobank durchgeführte Untersuchung deutet darauf hin, dass COVID-19 langfristige Auswirkungen auf neurodegenerative Prozesse haben könnte.
Erhöhte Amyloid-Pathologie nach SARS-CoV-2-Infektion
Die Studie analysierte Biomarker im Blut von 1.252 Teilnehmern, um mögliche Veränderungen nach einer COVID-19-Infektion zu identifizieren. Im Fokus standen insbesondere Proteine, die für die Alzheimer-Krankheit charakteristisch sind, darunter die Amyloid-Beta-Proteine (Aβ-42 und Aβ-40), phosphoryliertes Tau (pTau-181) sowie Neurofilament Light (NfL) und Glial Fibrillary Acidic Protein (GFAP).
Die Ergebnisse zeigen, dass die Konzentration von Aβ-42 und das Verhältnis Aβ-42 zu Aβ-40 nach einer SARS-CoV-2-Infektion signifikant abnahmen. Besonders besorgniserregend: Die Reduktion dieser Werte war vergleichbar mit dem Effekt einer vierjährigen Alterung oder der genetischen Prädisposition durch das Alzheimer-Risiko-Gen APOE-ε4. Zudem zeigte sich ein deutlicher Zusammenhang zwischen der Schwere der COVID-19-Erkrankung und der Abnahme der Amyloid-Beta-Werte. Patienten, die wegen COVID-19 hospitalisiert wurden, wiesen eine mehr als doppelt so starke Reduktion auf wie nicht-hospitalisierte Infizierte.
Zusammenhang zwischen COVID-19 und neurodegenerativen Prozessen
Frühere Studien hatten bereits nahegelegt, dass schwere Infektionen, darunter Influenza oder virale Enzephalitis, das Risiko für neurodegenerative Erkrankungen erhöhen können. Die nun vorliegenden Daten bestätigen diesen Verdacht für SARS-CoV-2: Die Infektion löst eine anhaltende systemische Entzündungsreaktion aus, die sich auf das zentrale Nervensystem auswirken könnte.
Ein weiteres zentrales Ergebnis der Studie ist der Zusammenhang zwischen COVID-19 und kognitiven Beeinträchtigungen. Infizierte Probanden zeigten einen um 1,99 % stärkeren Rückgang der allgemeinen kognitiven Fähigkeiten als nicht infizierte Personen. Diese Werte entsprechen in etwa einem zusätzlichen Jahr an altersbedingtem kognitiven Abbau.
Dringender Forschungsbedarf für die Langzeitfolgen
Die Wissenschaftler betonen, dass es sich um eine Beobachtungsstudie handelt und noch keine endgültigen Rückschlüsse über kausale Zusammenhänge zwischen COVID-19 und Alzheimer gezogen werden können. Allerdings unterstreichen die Ergebnisse die Notwendigkeit weiterer Langzeitstudien, um die langfristigen Folgen von COVID-19 besser zu verstehen. Mit Blick auf die steigende Zahl von Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen infolge der Pandemie fordern Experten eine verstärkte Prävention und Überwachung der Alzheimer-Risikofaktoren. Insbesondere ältere Menschen oder Personen mit genetischer Prädisposition sollten gezielt auf mögliche neurologische Langzeitfolgen untersucht werden.
Die Erkenntnisse aus der Studie werfen zudem ein neues Licht auf die Bedeutung von Impfungen und Schutzmaßnahmen gegen Infektionskrankheiten. Sollten sich die Zusammenhänge zwischen COVID-19 und neurodegenerativen Erkrankungen weiter erhärten, könnte die Vermeidung einer Infektion ein entscheidender Faktor für die langfristige Gehirngesundheit sein.
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