· 

COVID-19 und die Schilddrüse: Neue Erkenntnisse zu Funktionsstörungen und Langzeitfolgen

DMZ – FORSCHUNG ¦ A. Aeberhard

 

Die COVID-19-Pandemie, verursacht durch das SARS-CoV-2-Virus, hat weitreichende gesundheitliche Auswirkungen, die weit über die Lunge hinausgehen. Eine neue systematische Übersicht von Forschenden der University of Warwick zeigt, dass auch das endokrine System, insbesondere die Schilddrüse, betroffen ist. Die Studie analysiert 53 wissenschaftliche Arbeiten zu Schilddrüsenveränderungen während und nach einer COVID-19-Infektion und zeigt, dass das Virus direkt und indirekt die Schilddrüsenfunktion beeinflussen kann.

Akute COVID-19-Infektion und Schilddrüsenveränderungen

 

Bereits frühe Studien legten nahe, dass COVID-19 zu Schilddrüsenentzündungen (Thyreoiditis) führen kann. Die Mechanismen sind vielfältig: SARS-CoV-2 kann Schilddrüsenzellen direkt infizieren, was eine virale Thyreoiditis auslösen kann. Zudem kann eine übersteigerte Immunantwort (sogenannter Zytokinsturm) mit hohen Spiegeln von Interleukin-6 (IL-6) die Schilddrüsenfunktion stören. Auch Medikamente wie Kortikosteroide, die zur Behandlung schwerer COVID-19-Verläufe eingesetzt werden, können die Schilddrüsenhormone beeinflussen.

 

Eine besondere Form ist die schmerzlose Thyreoiditis, die nach COVID-19 auftritt und mit erhöhten Schilddrüsenhormonwerten sowie einer vorübergehenden Überfunktion (Thyreotoxikose) einhergeht. Diese könnte durch eine verstärkte Immunreaktion oder eine autoimmune Komponente bedingt sein.

Langzeitfolgen: Schilddrüsenerkrankungen und Long COVID

 

Die Auswirkungen von COVID-19 auf die Schilddrüse beschränken sich nicht nur auf die akute Phase. In einigen Fällen scheint eine anhaltende niedrige Entzündung die Schilddrüsenfunktion über einen längeren Zeitraum zu beeinträchtigen. Insbesondere Long COVID-Patienten berichten von Symptomen, die auf eine Schilddrüsenbeteiligung hindeuten, darunter chronische Müdigkeit, Konzentrationsstörungen und Haarausfall.

 

Ein möglicher Mechanismus ist die Störung der Hypothalamus-Hypophysen-Schilddrüsen-Achse (HPT-Achse), die durch langanhaltende Entzündungsprozesse beeinflusst werden kann. Zudem gibt es Hinweise darauf, dass COVID-19 autoimmune Schilddrüsenerkrankungen wie Hashimoto-Thyreoiditis oder Morbus Basedow auslösen oder verschlimmern kann.

Bedeutung für die medizinische Versorgung

 

Die Erkenntnisse dieser systematischen Übersicht zeigen, dass eine engmaschige Kontrolle der Schilddrüsenfunktion bei COVID-19-Patienten notwendig sein könnte, insbesondere bei jenen mit Long COVID oder bestehenden Schilddrüsenerkrankungen. Eine frühe Diagnose und gegebenenfalls eine gezielte Therapie könnten dazu beitragen, langfristige gesundheitliche Beeinträchtigungen zu vermeiden.

 

Die Studie unterstreicht, dass COVID-19 weitreichende Auswirkungen auf verschiedene Organsysteme hat. Die komplexen Wechselwirkungen zwischen Virusinfektion, Immunreaktion und hormonellen Regelkreisen sind noch nicht vollständig verstanden, sodass weitere Forschung notwendig ist, um die Langzeitfolgen für die Schilddrüsengesundheit besser zu erfassen.

 

> Zur Studie


Fehler- und Korrekturhinweise

Wenn Sie einen Fehler entdecken, der Ihrer Meinung nach korrigiert werden sollte, teilen Sie ihn uns bitte mit, indem Sie an intern@mittellaendische.ch schreiben. Wir sind bestrebt, eventuelle Fehler zeitnah zu korrigieren, und Ihre Mitarbeit erleichtert uns diesen Prozess erheblich. Bitte geben Sie in Ihrer E-Mail die folgenden Informationen sachlich an:

  • Ort des Fehlers: Geben Sie uns die genaue URL/Webadresse an, unter der Sie den Fehler gefunden haben.
  • Beschreibung des Fehlers: Teilen Sie uns bitte präzise mit, welche Angaben oder Textpassagen Ihrer Meinung nach korrigiert werden sollten und auf welche Weise. Wir sind offen für Ihre sinnvollen Vorschläge.
  • Belege: Idealerweise fügen Sie Ihrer Nachricht Belege für Ihre Aussagen hinzu, wie beispielsweise Webadressen. Das erleichtert es uns, Ihre Fehler- oder Korrekturhinweise zu überprüfen und die Korrektur möglichst schnell durchzuführen.

Wir prüfen eingegangene Fehler- und Korrekturhinweise so schnell wie möglich. Vielen Dank für Ihr konstruktives Feedback!


 

Unterstützen Sie uns jetzt!

Seit unserer Gründung steht die DMZ für freien Zugang zu Informationen für alle – das ist unser Alleinstellungsmerkmal. Wir möchten, dass jeder Mensch kostenlos faktenbasierte Nachrichten erhält, und zwar wertfrei und ohne störende Unterbrechungen.

Unser Ziel ist es, engagierten und qualitativ hochwertigen Journalismus anzubieten, der für alle frei zugänglich ist, ohne Paywall. Gerade in dieser Zeit der Desinformation und sozialen Medien ist es entscheidend, dass seriöse, faktenbasierte und wissenschaftliche Informationen und Analysen für jedermann verfügbar sind.

Unsere Leserinnen und Leser machen uns besonders. Nur dank Ihnen, unserer Leserschaft, existiert die DMZ. Sie sind unser größter Schatz.

Sie wissen, dass guter Journalismus nicht von selbst entsteht, und dafür sind wir sehr dankbar. Um auch in Zukunft unabhängigen Journalismus anbieten zu können, sind wir auf Ihre Unterstützung angewiesen.

Setzen Sie ein starkes Zeichen für die DMZ und die Zukunft unseres Journalismus. Schon mit einem Beitrag von 5 Euro können Sie einen Unterschied machen und dazu beitragen, dass wir weiterhin frei berichten können.

Jeder Beitrag zählt. Vielen Dank für Ihre Unterstützung!


Kommentare: 0