
DMZ – POLITIK ¦ Dirk Specht ¦
KOMMENTAR
Die Reaktionen auf die AI-Nachrichten der letzten Tage sind leider nicht ermutigend. Zunächst kam Trump mit einem 500-Milliarden Projekt für AI-Rechenleistung und dann China mit einem neuen Modell, das mit dieser Rechenleistung viel effizienter umgeht.
In den Medien und Kommentarspalten finden sich absurde Reaktionen. Die einen schließen daraus, man brauche nicht so viele Mittel, wie vermutet, die anderen, das sei ohnehin nur eine Blase, die sich gerade zerlege. Das erinnert fatal an die sogenannte Dotcom-Blase, als viele dachten, die Digitalisierung habe sich damit erledigt. Wollen wir diesen Denkfehler jetzt gar wiederholen?
AI ist die nächste und viel schnellere Stufe der Digitalisierung, die für unsere Gesamtökonomie, die Zukunft des militärisch relevanten Status quo und auch für die Grundlagenforschung schlicht essentiell ist. Wie oft das bagatellisiert oder gar ignoriert wird, ist schlicht eine Gefahr für unsere Zukunft. Dagegen ist der bisherige Rückstand in der Digitalisierung und in sehr vielen weiteren Technologieumfeldern ein nettes Weihnachtslied! Ich lese oft den Vergleich mit der Bedeutung von Atomwaffen, der mir zu martialisch ist, zumal er leicht auf militärische Macht verkürzt wird, aber so schlecht finde ich den nicht mehr.
Ich hatte dazu eine leicht verständliche Analyse veröffentlicht, auf die ich nochmals hinweisen möchte. AI hat drei Treiber: Rechenleistung, Daten, Modellierung. Beim ersten Treiber sind die USA enteilt, beim dritten hat China nun – vielleicht! – einen größeren Schritt vorgelegt. Das mag den Vorsprung bei der Rechenleistung und vielleicht auch deren „Börsenwert“ relativieren, vielleicht aber nicht mal das. Das spielt aber schlicht keine Rolle, denn es wird AI definitiv weiter skalieren, das als „platzende Base“ abzutun, ist ignorant.
Für Europa ist festzustellen: Wir sind bei der Modellierung auf Augenhöhe, schon immer, dieser Rückstand insgesamt ist selbst verschuldet! Der Erfolg der Chinesen sollte uns nun ermuntern. Man kann bei so einem Dreiklang immer Nachteile auf einer Ebene durch Vorteile auf einer anderen kompensieren. Bei der Rechenleistung haben wir nicht Mal entscheidende Nachteile, weil uns die anderes als den Chinesen (noch) zur Verfügung steht, sie ist uns aber leider zu teuer. Gerade jetzt, wenn möglicherweise eine effizientere Nutzung möglich ist, sollte das vielleicht mal hinterfragt werden?
Der Kern liegt aber woanders. Meine These lautet, dass bei Rechenleistung und Modellierung ein Wettbewerb besteht, der immer mal wieder dem einen oder anderen Vorsprung erlaubt, der sich aber auch immer wieder nivelliert. Sei es, dass auch andere Hersteller Hochleistungschips entwickeln und die wie die früheren PC-Prozessoren zur Massenware werden. Sei es, dass bei der Modellierung klugen Köpfe irgendwo etwas einfällt, was ebenso kluge Köpfe woanders dann aufholen. Langfristig wird der Wettbewerb nach meiner These aber ganz woanders entschieden: Bei den Daten!
Genau hier ist das ganz große strukturelle Defizit der Europäer. Wir haben in dem Bereich die wertvollste Ethik und setzen die so um, dass wir erstens nichts davon erreichen, zweitens unsere Wettbewerbssituation verschlechtern und drittens den Vorsprung der USA ausbauen. Dazu wäre es nebenbei ganz nützlich, wenn die Europäer wenigstens verstehen, warum mit diesem teuren Tempo solche Tools nun kostenlos ins Netz gestellt werden: Die führenden Modelle werden nämlich seitdem von vielen Millionen Menschen weltweit jeden Tag fleißig weiter trainiert. Genau dieses Training aber, nämlich den in diesen LLMs gesammelten Daten tiefere Bedeutung und Strukturen zu geben, wird denen exklusive Daten zuführen, die heute niemand besitzt und die in deren exklusiven Besitz kommen.
Das ist der tiefere Grund für dieses Tempo und die Bereitschaft, dafür – nämlich für Geschwindigkeit! – so viel zu investieren. Daran wird sich auch nichts ändern. In den USA nicht, in China nicht, an den Börsen nicht.
Der weitaus größte Bedarf, mal was zu ändern, ist vielmehr in Europa zu erkennen. Wenn das nicht bald mal mit besserem Grundverständnis beginnt, wird sich hier wohl leider auch nichts ändern.
Fehler- und Korrekturhinweise
Wenn Sie einen Fehler entdecken, der Ihrer Meinung nach korrigiert werden sollte, teilen Sie ihn uns bitte mit, indem Sie an intern@mittellaendische.ch schreiben. Wir sind bestrebt, eventuelle Fehler zeitnah zu korrigieren, und Ihre Mitarbeit erleichtert uns diesen Prozess erheblich. Bitte geben Sie in Ihrer E-Mail die folgenden Informationen sachlich an:
- Ort des Fehlers: Geben Sie uns die genaue URL/Webadresse an, unter der Sie den Fehler gefunden haben.
- Beschreibung des Fehlers: Teilen Sie uns bitte präzise mit, welche Angaben oder Textpassagen Ihrer Meinung nach korrigiert werden sollten und auf welche Weise. Wir sind offen für Ihre sinnvollen Vorschläge.
- Belege: Idealerweise fügen Sie Ihrer Nachricht Belege für Ihre Aussagen hinzu, wie beispielsweise Webadressen. Das erleichtert es uns, Ihre Fehler- oder Korrekturhinweise zu überprüfen und die Korrektur möglichst schnell durchzuführen.
Wir prüfen eingegangene Fehler- und Korrekturhinweise so schnell wie möglich. Vielen Dank für Ihr konstruktives Feedback!
Unterstützen Sie uns jetzt!
Seit unserer Gründung steht die DMZ für freien Zugang zu Informationen für alle – das ist unser Alleinstellungsmerkmal. Wir möchten, dass jeder Mensch kostenlos faktenbasierte Nachrichten erhält, und zwar wertfrei und ohne störende Unterbrechungen.
Unser Ziel ist es, engagierten und qualitativ hochwertigen Journalismus anzubieten, der für alle frei zugänglich ist, ohne Paywall. Gerade in dieser Zeit der Desinformation und sozialen Medien ist es entscheidend, dass seriöse, faktenbasierte und wissenschaftliche Informationen und Analysen für jedermann verfügbar sind.
Unsere Leserinnen und Leser machen uns besonders. Nur dank Ihnen, unserer Leserschaft, existiert die DMZ. Sie sind unser größter Schatz.
Sie wissen, dass guter Journalismus nicht von selbst entsteht, und dafür sind wir sehr dankbar. Um auch in Zukunft unabhängigen Journalismus anbieten zu können, sind wir auf Ihre Unterstützung angewiesen.
Setzen Sie ein starkes Zeichen für die DMZ und die Zukunft unseres Journalismus. Schon mit einem Beitrag von 5 Euro können Sie einen Unterschied machen und dazu beitragen, dass wir weiterhin frei berichten können.
Jeder Beitrag zählt. Vielen Dank für Ihre Unterstützung!
Kommentar schreiben