
DMZ – POLITIK ¦ Anton Aeberhard ¦
Christoph Blocher, der 84-jährige Alt-Bundesrat der SVP, ist ein Meister darin, polemische Aussagen zu treffen, die weit über den politischen Diskurs hinausgehen. In seiner jüngsten Rede an der Delegiertenversammlung der SVP in Balsthal und den anschließenden Äußerungen zur internationalen Politik schürt er erneut Ängste, verbreitet verzerrte Weltbilder und stellt politisch brisante Fantasien als realistische Zukunftsvisionen dar. Doch seine Prophezeiungen von einer „konservativen Revolution“ und einer wachsenden politischen Macht der extremen Rechten sind nicht nur haltlos, sondern gefährlich.
Blocher beschreibt die Schweiz als „im Umbruch“, warnt vor einer angeblichen Annäherung an die EU und bezeichnet den zwischen der Schweiz und der EU ausgehandelten Vertrag als „Kolonialvertrag“. Diese Rhetorik ist nicht nur ein Angriff auf die diplomatischen Bemühungen des Landes, sondern auch ein absurder Versuch, einen vermeintlichen „Verrat“ an nationaler Souveränität heraufzubeschwören. Blocher hat es nie geschafft, den bilateralen Weg sachlich zu diskutieren – stattdessen setzt er auf aggressive Wortwahl, die in ihrer schlichten Polemik darauf abzielt, Ängste zu schüren und Menschen zu Polarisieren. Der „Kolonialvertrag“ – eine absurde und verfehlte Wortwahl – ist nichts anderes als eine respektlose Entwertung eines mühsam ausgehandelten, konstruktiven internationalen Abkommens.
Die größte Provokation folgt jedoch in seinen Aussagen über Donald Trump. Blocher nennt den US-amerikanischen Ex-Präsidenten „glaubwürdig“, nur weil er es geschafft habe, mit einer Reihe von Skandalen und Strafverfahren zu überstehen. Die Argumentation Blochers ist so dünn wie die angebliche „Ehrenhaftigkeit“ des Ex-Präsidenten: Trump mag in der Lage sein, eine Fassade des „Überlebens“ zu wahren, doch hinter dieser Fassade steht ein Mann, der in keinem Augenblick Verantwortung für seine wiederholten Fehltritte übernimmt und dessen politische Agenda eine gefährliche Mischung aus Populismus, Nationalismus und Desinformation ist.
Wenn Blocher von einer „konservativen Revolution“ spricht, meint er nichts anderes als einen weltweiten Vormarsch von autoritären Regierungen, die die Demokratie untergraben und politische Rechte beschneiden. Die von ihm beschworene Vorstellung einer Aufklärung von „elitär gesteuerten Konsensen“ ist nichts anderes als ein populistischer Versuch, die breite Masse gegen eine angeblich mächtige, unzugängliche „Elite“ aufzuhetzen. Dabei lässt er außer Acht, dass diese „Elite“ längst von denjenigen besetzt ist, die sich zu seinen eigenen politischen Verbündeten zählen – vor allem die westliche, in großen Teilen finanzkräftige Rechteszene.
Die Prognose, dass die AfD in Deutschland irgendwann mit der CDU regieren könnte, ist nichts weiter als eine weitere dystopische Vision ohne Substanz. Wie bloß stellvertretend für das politische Denken der extremen Rechten ist es, sich politische Veränderungen zu wünschen, die die Demokratie destabilisieren würden. Die tatsächliche Gefahr einer solchen Entwicklung wird von den politischen Institutionen in Europa entschlossen bekämpft. Auch die Vermutung, dass Marine Le Pen bald die Präsidentschaft in Frankreich übernehmen könnte, entbehrt jeder realistischen Grundlage. Zwar hat die rechtsextreme Partei „Rassemblement National“ in den letzten Jahren an Einfluss gewonnen, jedoch bleibt die französische politische Landschaft komplexer, als Blocher sich vorstellt. Der Kampf um die Präsidentschaft wird nicht in den vereinfachten Kategorien von „rechten Revolutionären“ und „linker Elite“ entschieden, sondern von einem breiten Spektrum politischer Kräfte.
Die Parallelen, die Blocher zwischen sich und Trump zieht, sind genauso dünn wie seine politischen Argumente. Ein „anderer Typ“ zu sein, ändert wenig an der Tatsache, dass beide politisch gefährliche und autoritäre Visionen propagieren, die zu einer Spaltung der Gesellschaft führen. Beide setzen auf einfache Antworten, die das politische System destabilisieren und die Demokratie aushöhlen.
Es ist erschreckend, dass ein Mann wie Blocher, der über Jahrzehnte hinweg politische Verantwortung getragen hat, immer wieder solche radikalen, polarisierenden und unsachlichen Ideen verbreitet. Sein Wunsch, im Hintergrund weiter „mitzuwirken“, ist keine harmlose Bemerkung, sondern eine Ansage: Solange er die politische Bühne betritt, wird er alles tun, um den politischen Diskurs zu vergiften und die Schweiz in eine noch radikalere Richtung zu treiben. Doch die Demokratie hat den weitaus stärkeren Halt in der breiten Mitte der Gesellschaft, und diese sollte sich von Blochers schäumender Rhetorik nicht aus der Bahn werfen lassen.
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