DMZ - LEBEN ¦ Patricia Jungo ¦
Manchmal kann ein einziges kleines Wort eine immense Bedeutung tragen. „Respekt“ ist zweifellos eines davon. Respekt zählt zu den Grundbedürfnissen des Menschen und wird im alltäglichen Sprachgebrauch auf vielfältige Weise verwendet: Er reicht von Höflichkeit und Toleranz über Wertschätzung bis hin zu Angst und Autorität. Dabei spiegelt der Begriff zwei unterschiedliche Dimensionen wider – die positive, die mit Anerkennung und Bewunderung verbunden ist, und die negative, die sich in Scheu und Furcht äußern kann.
Ein Blick auf die Wortherkunft eröffnet eine zusätzliche Perspektive: „Respekt“ leitet sich vom lateinischen „respectio“ ab, was „Rückschau“, „Einschätzung“ oder „Betrachtung“ bedeutet. Zerlegt man das Wort weiter, bleibt das Verb „specere“ übrig, das „schauen“ bedeutet. Zusammengenommen entsteht die Bedeutung „wieder schauen“. Respektieren wir jemanden – oder uns selbst –, bedeutet dies, hinzuschauen, wahrzunehmen, wer diese Person ist.
Damit wird eine zentrale menschliche Sehnsucht deutlich: gesehen zu werden. Respekt drückt das Bedürfnis aus, mit unseren Wünschen, Bedürfnissen und Eigenheiten wahrgenommen zu werden. Es geht darum, Empathie zu erfahren und zu spüren, dass andere verstehen, wer wir sind und wie es uns geht.
Respekt bedeutet jedoch nicht nur, selbst wahrgenommen zu werden, sondern auch, den anderen Raum für ihre Werte und Anerkennung für ihre Bedürfnisse zu geben. Dieses Wechselspiel funktioniert jedoch nur, wenn Respekt gegenseitig ist: Wer gesehen werden möchte, muss auch bereit sein, andere zu sehen und ihnen mit Empathie zu begegnen.
In einer Zeit, in der Respektlosigkeit zu dominieren scheint, ist dies besonders relevant. Respektlosigkeit bedeutet im Kern, einander nicht mehr wahrzunehmen – nicht mehr „wieder hinzuschauen“. Dabei ist Respekt weder kompliziert noch aufwendig: Er zeigt sich in kleinen Gesten, wird ausgestrahlt und unmittelbar gespürt. Gerade deshalb ist er so wichtig – für den Einzelnen wie für die Gesellschaft insgesamt.
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