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AT: Gentechnik in Österreich: Fortschritte und Potenziale einer Schlüsseltechnologie

DMZ –  POLITIK ¦ MM ¦ Lena Wallner ¦

 

Ein neuer Bericht beleuchtet Anwendungen, Forschung und wirtschaftliche Bedeutung der Gentechnik in Österreich.

 

Wien – Die Gentechnikkommission hat im Auftrag des Gesundheits- und Wissenschaftsministeriums ihren neunten Bericht über die Entwicklungen und Anwendungen der Gentechnik in Österreich vorgelegt. Der umfassende Überblick deckt den Zeitraum von 2020 bis 2022 ab und zeigt, wie die Gentechnik als Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts mit hohem wirtschaftlichem Potenzial wächst. Die Erfassung reicht von geschlossenen Systemen über den kontrollierten Einsatz gentechnisch veränderter Organismen (GVO) bis zu therapeutischen Innovationen.

 

Ein wachsender Einfluss auf Landwirtschaft, Industrie und Medizin

Die Anwendungsbereiche der Gentechnik sind vielfältig und betreffen die Landwirtschaft (grüne Gentechnik), Industrie (weiße Gentechnik) und Gesundheitswesen (rote Gentechnik). Besonders im Gesundheitsbereich, wo Gentechnik zunehmend zur Entwicklung neuer Diagnose- und Therapieverfahren beiträgt, wird der Stellenwert dieser Technologie hervorgehoben. Im Bericht wird verdeutlicht, dass gentechnische Anwendungen als eine der treibenden Kräfte in der modernen Biotechnologie bereits bedeutende ökonomische Einflüsse haben und enorme Wachstumsmöglichkeiten bergen.

 

Regulierung und Kontrolle: Keine Freisetzung von GVO in Österreich

Im Berichtszeitraum wurden 113 Anträge für Arbeiten mit GVO in geschlossenen Systemen beim Gesundheitsministerium gestellt, sowie 627 Anträge beim Wissenschaftsministerium. Ein Großteil der Projekte bewegt sich in den niedrigeren Sicherheitsstufen, wobei nur in wenigen Fällen auf die höhere Sicherheitsstufe 3 zurückgegriffen wurde. Anträge zur Freisetzung von GVO in die Umwelt gab es nicht. Auch die vorgeschriebenen Kontrollen durch Behörden zeigten lediglich geringfügige Beanstandungen, was die strikte Einhaltung der Sicherheitsstandards bestätigt.

 

Fortschritte in der medizinischen Anwendung und Gentherapie

Ein zentraler Bestandteil des Berichts sind die gentechnischen Fortschritte im medizinischen Bereich. Der wissenschaftliche Ausschuss für Genanalyse und Gentherapie (WAGG) hat in den letzten drei Jahren 15 Anträge zur Durchführung genetischer Analysen zugelassen, die vor allem von Krankenhäusern und Universitätskliniken stammen. Die Anträge betreffen unter anderem die Diagnostik genetischer Prädispositionen und seltene Erbkrankheiten. Auch bei Gentherapien zur Behandlung schwerer Erkrankungen wie Hämophilie B oder chronisch lymphatischer Leukämie wurden Fortschritte verzeichnet, die als innovative Schritte in der medizinischen Versorgung gelten.

 

Europäische Entwicklungen und gesetzliche Anpassungen

Während Österreich keine Marktzulassungen für GVO erteilt hat, wurden in der EU zwischen 2020 und 2022 18 GVO-Produkte für den Markt freigegeben, darunter Mais-, Raps- und Sojabohnenlinien, die speziell für höhere Herbizidresistenz und Insektenresistenz entwickelt wurden. Dies zeigt den Kontrast zwischen den restriktiven Bestimmungen Österreichs und der europäischen Marktentwicklung.

 

In Österreich selbst wurden das Gentechnikgesetz und das Arzneimittelgesetz im Berichtszeitraum angepasst, um neue EU-Vorgaben umzusetzen. Diese rechtlichen Anpassungen fördern die Transparenz und erhöhen die Sicherheit bei gentechnischen Verfahren.

 

Forschung, Innovation und gesellschaftlicher Diskurs

Der Bericht hebt hervor, dass in Österreich die Grundlagenforschung fast ausschließlich in geschlossenen Systemen stattfindet, ohne Freilandversuche. Forschungseinrichtungen wie Universitäten und die Österreichische Akademie der Wissenschaften legen dabei Schwerpunkte in Bereichen wie Molekularbiologie, Zellforschung und biomedizinische Forschung. Neben den technologischen Aspekten beschäftigen sich Experten zunehmend auch mit ethischen und sozialen Fragestellungen, die aus der rasanten Entwicklung der Gentechnik entstehen, und fordern einen verantwortungsvollen Umgang mit dieser Technologie.

 

Herausforderungen und Potenziale für die Zukunft

Die COVID-19-Pandemie hat die Bedeutung gentechnischer Methoden in der Forschung deutlich vor Augen geführt. Die rasche Entwicklung von Diagnosetechniken und Impfstoffen gegen das Virus wurde durch die langjährige Forschung und Erfahrung mit gentechnischen Verfahren maßgeblich unterstützt. Diese Fortschritte zeigen auf, wie wichtig die kontinuierliche Unterstützung und Förderung in diesem Bereich sind, um Österreichs Stellung als Innovationsstandort zu stärken.

 

Auch im Bereich der Landwirtschaft gibt es Wachstumspotenzial: Während Österreich keine Freisetzung von GVO in der Landwirtschaft erlaubt, wird auf die hohe Abhängigkeit von importierten gentechnisch veränderten Futtermitteln hingewiesen, wie etwa Soja aus Südamerika und den USA. Die industrielle Nutzung findet in geschlossenen Systemen statt, sodass die Sicherheit gewährleistet ist und GVO nicht in die Umwelt gelangen.

 

Ein wirtschaftlich relevanter Sektor im Wachstum

Der Bericht zeigt, dass sich die Gentechnik seit Inkrafttreten des Gentechnikgesetzes 1995 von einer Spezialdisziplin zu einem etablierten Wirtschaftszweig entwickelt hat. Heute sind etwa 405 Unternehmen in Österreich im Biotech- und Pharmabereich tätig, die zusammen Umsätze von über 16 Milliarden Euro erwirtschaften und rund 32.000 Menschen beschäftigen. Österreichische Forschungseinrichtungen und Unternehmen genießen internationales Ansehen, und die Autoren des Berichts betonen, dass Förderkonzepte erforderlich sind, um den Forschungsstandort Österreich weiter auszubauen.

 

Fazit: Gentechnik als essenzielle Zukunftstechnologie

Die Erkenntnisse und Entwicklungen der letzten Jahre bekräftigen den Stellenwert der Gentechnik als Schlüsseltechnologie. Angesichts des Klimawandels, der wachsenden Bevölkerung und der alternden Gesellschaft wird von einem weiteren Anstieg der Forschung und Anwendung von Gentechnik in der Gesundheitsversorgung und Landwirtschaft ausgegangen. Dies betont der Bericht als eine notwendige Entwicklung, um zukünftigen Herausforderungen auf nachhaltige Weise zu begegnen und den Forschungsstandort Österreich zu sichern.   

 

 

 

Herausgeber / Quelle: Parlamentskorrespondenz Österreich ¦ 


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