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Die Rolle von Persönlichkeitsmerkmalen in der Reaktion auf die COVID-19-Pandemie

DMZ –FORSCHUNG ¦ Sarah Koller ¦

 

Seit Beginn der COVID-19-Pandemie haben Forscher weltweit versucht zu verstehen, welche Faktoren das Verhalten der Menschen beeinflussen, insbesondere in Bezug auf Schutzmaßnahmen wie das Tragen von Masken, soziale Distanzierung und die Akzeptanz von Impfungen. Eine kürzlich durchgeführte Studie der Universität Kopenhagen hat nun untersucht, wie Persönlichkeitsmerkmale das pandemiebedingte Verhalten beeinflussen. Die Ergebnisse werfen ein neues Licht auf die Bedeutung von Charaktereigenschaften für das öffentliche Gesundheitsverhalten.

 

Persönlichkeitsmodelle im Fokus: HEXACO und die „Dunkle Triade“
Die Studie stützt sich auf zwei bedeutende Persönlichkeitsmodelle: das HEXACO-Modell und die „Dunkle Triade“. Das HEXACO-Modell erweitert das bekannte Fünf-Faktoren-Modell (Big Five) um eine sechste Dimension: „Ehrlichkeit-Demut“. Es unterscheidet zwischen den folgenden Dimensionen: Ehrlichkeit-Demut, Emotionalität, Extraversion, Verträglichkeit, Gewissenhaftigkeit und Offenheit für Erfahrungen. Diese Dimensionen sollen ein umfassenderes Bild der menschlichen Persönlichkeit zeichnen.

 

Auf der anderen Seite steht die „Dunkle Triade“, die aus den Merkmalen Narzissmus, Machiavellismus und Psychopathie besteht. Diese Eigenschaften sind eher negativ konnotiert und charakterisieren Menschen, die tendenziell selbstbezogen, manipulativ oder empathielos handeln.

 

Methodik der Untersuchung
Die Forscher führten eine Online-Befragung unter 402 Universitätsstudenten im Alter von 19 bis 31 Jahren durch. Die Teilnehmer füllten Fragebögen aus, die ihre Persönlichkeitsmerkmale anhand der genannten Modelle erfassten. Anschließend wurden sie zu ihrem Verhalten und ihren Einstellungen während der Pandemie befragt, beispielsweise zur Bereitschaft, Masken zu tragen, sich an Quarantäneregeln zu halten und sich impfen zu lassen.

 

Es ist wichtig zu beachten, dass sich die Studie auf eine spezifische Bevölkerungsgruppe – junge Erwachsene mit akademischem Hintergrund – konzentrierte, was die Generalisierbarkeit der Ergebnisse einschränken könnte. Dennoch bieten die Erkenntnisse wertvolle Hinweise auf das Verhalten einer demografischen Gruppe, die in der Pandemie eine Schlüsselrolle spielt.

 

Ergebnisse und deren Bedeutung
Die Studie ergab, dass bestimmte Persönlichkeitsmerkmale stark mit dem pandemiebedingten Verhalten korrelieren. Personen mit hohen Werten in den Bereichen Ehrlichkeit-Demut und Verträglichkeit zeigten eine größere Bereitschaft, Schutzmaßnahmen zu befolgen und sich impfen zu lassen. Dies deutet darauf hin, dass Menschen, die altruistischer und kooperativer sind, eher bereit sind, zum Schutz der Allgemeinheit beizutragen.

 

Interessanterweise zeigte sich bei den Merkmalen der „Dunklen Triade“, insbesondere beim Narzissmus, ein gegenteiliger Effekt. Menschen mit hohen Werten in diesen Merkmalen waren weniger geneigt, Masken zu tragen oder soziale Distanz zu wahren. Dies könnte darauf hinweisen, dass selbstbezogene und manipulative Persönlichkeiten eher dazu neigen, ihre eigenen Bedürfnisse über das Gemeinwohl zu stellen.

 

Praktische Implikationen und Ausblick
Die Ergebnisse dieser Studie haben wichtige Implikationen für die öffentliche Gesundheitskommunikation und -politik. Die Erkenntnis, dass bestimmte Persönlichkeitsmerkmale das pandemiebedingte Verhalten stark beeinflussen, könnte genutzt werden, um gezielte Kommunikationsstrategien zu entwickeln. Zum Beispiel könnten Gesundheitsbehörden spezifische Botschaften für verschiedene Persönlichkeitsgruppen entwerfen, um deren Bereitschaft zur Einhaltung von Schutzmaßnahmen zu erhöhen.

 

Für die Zukunft könnte diese Forschung auch auf andere Gesundheitskrisen angewendet werden, um das Verhalten der Bevölkerung besser zu verstehen und darauf zu reagieren. Darüber hinaus könnte die Berücksichtigung von Persönlichkeitsmerkmalen auch in der klinischen Praxis dazu beitragen, individuelle Beratungen zu optimieren.

 

Fazit

Die Studie der Universität Kopenhagen verdeutlicht, dass Persönlichkeitsmerkmale einen erheblichen Einfluss auf das Verhalten während der COVID-19-Pandemie haben. Menschen mit hohen Werten in den Bereichen Ehrlichkeit-Demut und Verträglichkeit neigen eher dazu, Schutzmaßnahmen zu befolgen, während Personen mit ausgeprägten Merkmalen der „Dunklen Triade“ eher dazu neigen, sich diesen zu widersetzen. Diese Erkenntnisse sind nicht nur für das Verständnis der gegenwärtigen Pandemie von Bedeutung, sondern könnten auch zukünftige Maßnahmen zur Gesundheitsförderung und Krisenbewältigung prägen.

 

 

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