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Kritik am Ethikrat-Bericht: Notwendigkeit einer wissenschaftlich fundierten Debatte

DMZ – FAKTEN ¦ Anton Aeberhard ¦   

KOMMENTAR

 

Der heute erneut medial thematisierte Bericht des Deutschen Ethikrats hat einmal mehr für Diskussionen gesorgt. In den letzten Jahren stand der Ethikrat mehrfach in der Kritik, und auch dieses Mal wird der Bericht in bestimmten Punkten hinterfragt. Insbesondere die Wiederholung einiger Positionen, die von Experten als wissenschaftlich umstritten gelten, sorgt für Unverständnis und die Forderung nach einer differenzierteren Debatte.

 

Wissenschaftliche Fundierung als Maßstab

Ein zentraler Kritikpunkt am Bericht ist die wissenschaftliche Basis einiger darin enthaltener Annahmen. Mehrere Fachleute haben angemerkt, dass bestimmte Schlussfolgerungen auf veralteten Daten oder fragwürdigen Interpretationen beruhen. In einer Zeit, in der evidenzbasierte Entscheidungen von enormer Bedeutung sind, wird es als problematisch angesehen, dass der Ethikrat in seinen Berichten immer wieder Positionen vertritt, die nicht den aktuellen wissenschaftlichen Standards entsprechen.

 

Ein besonders heikles Thema betrifft die Diskussion um Freiheitsrechte und deren Einschränkungen während Krisenzeiten. Zwar ist es unbestreitbar, dass Maßnahmen zur Bewältigung von Krisen notwendig sind, doch der Ethikrat hebt in seinen Berichten oft die potenziellen Risiken für individuelle Freiheiten hervor, ohne dabei die positiven Effekte dieser Maßnahmen angemessen zu berücksichtigen. Dies trägt zu einem unausgewogenen Bild in der Öffentlichkeit bei und birgt das Risiko einer Verunsicherung.

 

Kritik an der Wiederholung umstrittener Positionen

Die erneute Veröffentlichung des Berichts zu diesem Zeitpunkt lässt den Verdacht aufkommen, dass bestimmte Akteure bewusst versuchen, alte Debatten wiederzubeleben, die längst einer sachlichen Überprüfung hätten standhalten müssen. Experten fordern eine konstruktivere Auseinandersetzung, die nicht auf überholten Annahmen, sondern auf aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen basiert. Nur so kann der öffentliche Diskurs zu einer lösungsorientierten Diskussion beitragen.

 

Der Ethikrat sollte seine Funktion als moralische Instanz ernst nehmen und sicherstellen, dass seine Berichte den Anforderungen an Wissenschaftlichkeit und gesellschaftliche Realität gerecht werden. Die Verantwortung, die mit der Veröffentlichung solcher Berichte einhergeht, darf nicht unterschätzt werden.

 

Der Bericht des Ethikrates vom November 2022 zeichnet ein überwiegend negatives Bild der psychischen Belastungen durch die Pandemie und vernachlässigt weitgehend positive Aspekte wie Anpassungsfähigkeit, Resilienz und die Fähigkeit vieler Menschen, die Krise zu bewältigen. Zahlreiche Studien belegen jedoch, dass die Mehrheit der Kinder und Jugendlichen in der Lage war, die Herausforderungen der Pandemie gut zu meistern. Dennoch bleibt zusätzliche Unterstützung für besonders stark belastete Gruppen unerlässlich. Im Folgenden möchten wir einige Aussagen des Berichts präzisieren und richtigstellen:

 

Psychische Belastungen während der Pandemie: Studien haben gezeigt, dass die Pandemie psychische Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche hatte. Allerdings war dies nicht auf die Schutzmaßnahmen zurückzuführen, sondern auf die Unsicherheit, die Angst vor der Krankheit selbst und die gesamtgesellschaftlichen Umstände. Untersuchungen der Universität Oxford und des King's College London deuten darauf hin, dass viele Jugendliche Resilienz zeigten und sich gut an die veränderten Bedingungen anpassten. Die psychische Gesundheit war somit nicht in allen Fällen dramatisch beeinträchtigt.


Soziale Netzwerke und Anpassung: Kinder und Jugendliche konnten sich häufig durch soziale Netzwerke und Online-Kanäle emotional unterstützen. Eine Studie des Leibniz-Instituts für Bildungsverläufe zeigte, dass viele Schüler die neuen digitalen Lernformen überraschend gut bewältigten und sich rasch an die veränderten Lernumstände anpassten. Ein pauschales Bild einer "verlorenen Generation" ist daher stark vereinfacht und wissenschaftlich nicht belegt.


Langfristige Folgen: Die Behauptung, dass die psychischen Folgen der Pandemie langfristig verheerend sein werden, ist zu stark generalisiert. Die psychische Gesundheit ist von vielen Faktoren abhängig, darunter familiäre Unterstützung und soziale Sicherheit. Viele Studien, darunter eine von der World Health Organization (WHO) durchgeführte, zeigen, dass zwar einige Kinder und Jugendliche psychische Unterstützung benötigen, aber die Mehrheit sich erholt und sogar neue Kompetenzen entwickelt hat.


Belastung durch Schulschließungen und digitale Umstellung: Es ist unbestritten, dass Schulschließungen für viele Kinder und Jugendliche eine Herausforderung darstellten. Doch es gibt keine Hinweise darauf, dass diese Maßnahmen langfristig zu dauerhaften Lern- oder Entwicklungsdefiziten führten. Viele Bildungsstudien, etwa von der OECD, zeigen, dass Schüler nach der Wiedereröffnung der Schulen schnell aufgeholt haben, insbesondere in Ländern, die frühzeitig gezielte Nachhilfeprogramme eingeführt haben.


Resilienz und Vulnerabilität: Die Resilienz von Kindern und Jugendlichen wurde durch die Pandemie verstärkt thematisiert. Eine Studie des Robert Koch-Instituts fand heraus, dass die Mehrheit der Kinder und Jugendlichen nach den ersten Monaten der Pandemie keine gravierenden negativen psychischen Folgen berichtete. Dies zeigt, dass die psychische Belastung keineswegs flächendeckend oder irreversibel war.

 

Appell an den Ethikrat

Es wäre wünschenswert, dass der Ethikrat in Zukunft noch stärker auf fundierte Daten und aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse setzt. Eine sorgfältige Überprüfung und Anpassung der Positionen an die neuesten Entwicklungen in Forschung und Gesellschaft wäre ein Schritt in die richtige Richtung. Nur so kann verhindert werden, dass alte, möglicherweise widerlegte Positionen erneut eine Polarisierung in der Gesellschaft vorantreiben.

 

 

Die heutige, erneute mediale Verbreitung des Berichts zeigt, dass es dringend einer sachlicheren und differenzierten Debatte bedarf. Der Ethikrat sollte sich dieser Verantwortung bewusst sein und aktiv zu einer faktenbasierten Diskussion beitragen, um das Vertrauen in seine Rolle als Beratergremium zu stärken.


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