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AT: Effektivität und Unabhängigkeit der Gleichbehandlungsstellen in Österreich

Gruppenfoto mit Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) (Copyright: Parlamentsdirektion/Thomas Topf)
Gruppenfoto mit Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) (Copyright: Parlamentsdirektion/Thomas Topf)

DMZ –  POLITIK ¦ MM ¦ Lena Wallner ¦Gruppenfoto mit Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) (Copyright: Parlamentsdirektion/Thomas Topf)

 

Wien – Im Rahmen eines parlamentarischen Symposiums wurde die Unabhängigkeit und Effektivität der Gleichbehandlungsstellen in Österreich intensiv diskutiert. Im Mittelpunkt stand die Frage, inwieweit die aktuellen Strukturen und Ressourcen ausreichen, um den gesellschaftlichen Auftrag dieser Stellen zu erfüllen. Neben österreichischen Experten trug auch Patrick Charlier, Leiter der belgischen Gleichbehandlungsstelle Unia, mit einem Best-Practice-Beispiel zur Debatte bei.

 

EU-weite Standards für Gleichbehandlungsstellen

Die Europäische Union hat kürzlich Mindeststandards für Gleichbehandlungsstellen in den Mitgliedstaaten definiert. Dies soll gewährleisten, dass alle Gleichbehandlungsstellen innerhalb der EU gleiche Voraussetzungen haben, um Diskriminierung effizienter zu bekämpfen. In Österreich nahmen die Leiter verschiedener Gleichbehandlungsstellen dies zum Anlass, um sich über notwendige Verbesserungen in ihren jeweiligen Einrichtungen auszutauschen.

 

Herausforderungen in den Bundesländern

Klaus Feurstein, Landesvolksanwalt Vorarlbergs, berichtete über die spezifische Situation in seinem Bundesland. Als direkt gewählter Volksanwalt verfügt er über ein eigenes Budget und weitreichende Entscheidungsbefugnisse, was ihm eine unabhängige Arbeit ermöglicht. Er betonte jedoch, dass die Einheitlichkeit der Gleichbehandlungsstellen auf Länderebene noch optimiert werden müsse. Ein weiteres Problem, so Feurstein, sei der fehlende Klagszugang für Gleichbehandlungsstellen.

 

Isolde Kafka, Leiterin der Servicestelle Gleichbehandlung und Antidiskriminierung in Tirol, hob die Bedeutung einer gesetzlichen Absicherung für die Einbindung und Mitwirkung an Projekten hervor. Sie forderte mehr Ressourcen und die Möglichkeit, Entscheidungen durch eine Kommission zu treffen, die vor Gericht als verwertbare Grundlage dienen könnten.

 

Notwendige Ressourcen und Unabhängigkeit

Sandra Konstatzky, Leiterin der österreichischen Gleichbehandlungsanwaltschaft, betonte, dass ihre Institution unabhängig agiere, jedoch aufgrund steigender Fallzahlen – ein Zuwachs von 35 % – auf zusätzliche Personalressourcen angewiesen sei. Die aktuelle Ausstattung reiche nicht aus, um präventiv und nachhaltig arbeiten zu können. Konstatzky sprach sich zudem für eine NGO-Beteiligung bei der Bestellung von Personal aus, um die Unabhängigkeit weiter zu stärken.

 

Auch Eva Matt, Vorsitzende des Senates I der Gleichbehandlungskommission, forderte mehr Personal und Ressourcen. Sie berichtete, dass die Mitglieder der Kommission ihre Tätigkeit ehrenamtlich und unabhängig von Weisungen ausüben, jedoch sei die Arbeit stark durch die fehlende budgetäre Ausstattung eingeschränkt.

 

Christine Steger, Leiterin der Behindertenanwaltschaft, verwies auf die Abhängigkeit ihrer Stelle vom Sozialministerium, was ihre Handlungsspielräume beeinträchtige. Erst seit August dieses Jahres ist sie für das Personal verantwortlich, was die Arbeit deutlich erleichtere, doch sei die dauerhafte Besetzung von Stellen oft schwierig. Steger hob zudem die Schwierigkeiten für Betroffene hervor, die bei Diskriminierungsfällen meist nur auf eigene Kosten vor Gericht gehen können.

 

Best-Practice aus Belgien: Unabhängigkeit durch Budget

Patrick Charlier von der belgischen Gleichbehandlungsstelle Unia stellte die Arbeit seiner Institution als Best-Practice-Beispiel vor. Unia ist eine interföderale, unabhängige Einrichtung mit einem Jahresbudget von 11 Millionen Euro, das der Organisation volle finanzielle Unabhängigkeit gewährt. Diese Unabhängigkeit sei zentral für die Wirksamkeit der Gleichbehandlungsarbeit, betonte Charlier. Der Vorstand von Unia bestehe aus 17 Mitgliedern, die unabhängig von Ministerien oder Behörden Entscheidungen treffen könnten. Diese Struktur stelle sicher, dass die Institution völlig weisungsfrei agieren könne, betonte Charlier. Eine externe Kontrolle sei nicht vorgesehen, nur eine interne Aufsicht überwache das gesetzeskonforme Vorgehen.

 

Fazit: Stärkung der Gleichbehandlungsstellen erforderlich

Das Symposium machte deutlich, dass Gleichbehandlungsstellen in Österreich zwar rechtlich unabhängig agieren, ihre Effektivität jedoch stark von ausreichenden Ressourcen und einer besseren gesetzlichen Verankerung abhängt. Die Vorbilder aus Belgien und anderen EU-Staaten könnten als Inspiration dienen, um die österreichischen Institutionen langfristig zu stärken und ihre Unabhängigkeit zu sichern.

 

Es bleibt abzuwarten, welche konkreten Maßnahmen aus den Diskussionen des Symposiums hervorgehen und wie die österreichische Politik die Forderungen nach mehr Personal und Budget aufgreifen wird, um die Gleichbehandlungsstellen nachhaltig zu unterstützen.   

 

 

 

 

Herausgeber / Quelle: Parlamentskorrespondenz Österreich ¦ 


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