DMZ –WISSENSCHAFT ¦ A. Aeberhard
Die COVID-19-Pandemie, ausgelöst durch das Severe Acute Respiratory Syndrome Coronavirus 2 (SARS-CoV-2), hat die globalen Gesundheitssysteme vor enorme Herausforderungen gestellt und zählt zu den bedeutendsten Krisen der jüngeren Geschichte. Unser Verständnis von COVID-19 hat sich rasch weiterentwickelt, wobei inzwischen die systemischen Auswirkungen, insbesondere auf das Nervensystem, in den Fokus gerückt sind. Das Virus befällt über seinen Neurotropismus direkt das zentrale Nervensystem oder führt durch indirekte Effekte auf andere Organsysteme zu neurologischen Komplikationen. Besonders beunruhigend ist der Zusammenhang zwischen COVID-19 und einem erhöhten Risiko für Schlaganfälle.
Schlaganfallarten und COVID-19
Schlaganfälle sind eine der häufigsten neurologischen Komplikationen bei hospitalisierten COVID-19-Patienten und zählen zu den Hauptursachen für Mortalität und Langzeitbehinderung. Dabei machen ischämische Schlaganfälle (IS) rund 60 % der Fälle aus, während intrazerebrale Blutungen (ICH) etwa 25 % und Subarachnoidalblutungen (SAH) etwa 10 % ausmachen. Frühere Studien haben gezeigt, dass COVID-19 das Risiko für ischämische Ereignisse wie Myokardinfarkte und Schlaganfälle signifikant erhöht.
Im Vergleich zu anderen Erkrankungen wie der Influenza weisen COVID-19-Patienten ein erheblich höheres Schlaganfallrisiko auf. Diese erhöhte Gefahr bleibt auch nach der akuten Infektionsphase bestehen und kann bis zu einem Jahr anhalten. Besonders hervorzuheben ist der Zusammenhang zwischen COVID-19 und kryptogenen Schlaganfällen, bei denen keine eindeutige Ursache für das Ereignis ermittelt werden kann. Diese treten bei COVID-19-Patienten häufiger auf und sind mit einer höheren Sterblichkeitsrate verbunden.
Mechanismen hinter Schlaganfällen bei COVID-19
SARS-CoV-2 wirkt auf mehrere Systeme des Körpers, was das Schlaganfallrisiko erhöht. Dazu gehören das kardiovaskuläre, hämatologische und immunologische System, die durch das Virus gestört werden. Dies führt zu einer erhöhten Thromboseneigung, sowohl in den Lungengefäßen als auch im systemischen Kreislauf, was ischämische Ereignisse, einschließlich Schlaganfällen, begünstigt [5]. Eine Studie aus New York zeigte, dass 0,9 % der hospitalisierten COVID-19-Patienten ischämische Schlaganfälle erlitten, oft mit einer hohen Sterblichkeitsrate [9]. Zudem tritt bei einigen Patienten ein Schlaganfall sogar vor den ersten COVID-19-Symptomen auf, was auf eine frühe Thromboserisiko hinweist.
Ein wesentlicher Biomarker bei COVID-19-Patienten mit Schlaganfällen sind erhöhte D-Dimer-Werte, die auf eine verstärkte Blutgerinnung und Immunaktivierung hinweisen. Dies deutet darauf hin, dass das Schlaganfallrisiko auch bei weniger schweren COVID-19-Verläufen signifikant erhöht sein kann. Besondere Aufmerksamkeit gilt hier Patienten mit sogenannten Large-Vessel-Occlusions (LVO), bei denen große Blutgefäße im Gehirn blockiert sind. Diese Form des Schlaganfalls ist bei COVID-19-Patienten besonders häufig und wird als unabhängiger Risikofaktor angesehen.
Einfluss von Alter, Geschlecht und Langzeitinfektionen
Ältere Patienten und solche mit Vorerkrankungen wie Bluthochdruck oder Diabetes sind einem erhöhten Risiko für Schlaganfälle ausgesetzt, wenn sie an COVID-19 erkranken [13]. Interessanterweise wurden jedoch auch bei jüngeren Patienten, einschließlich Kindern, schwere Schlaganfälle verzeichnet. Studien deuten darauf hin, dass SARS-CoV-2 auch bei jungen Menschen zu Large-Vessel-Occlusions führen kann, was ein dringendes Problem darstellt.
Die Langzeiteffekte einer SARS-CoV-2-Infektion, wie sie bei Long-COVID-Patienten beobachtet werden, scheinen das Schlaganfallrisiko weiter zu erhöhen. Einige Studien weisen darauf hin, dass diese Patienten langfristig eine erhöhte Anfälligkeit für thrombotische Ereignisse aufweisen, was eine weiterführende Behandlung und Prävention erforderlich macht.
Schutz durch Impfungen
Die Einführung von Impfstoffen hat nicht nur die Ausbreitung des Virus eingedämmt, sondern auch das Risiko schwerer Verläufe und damit verbundener Komplikationen, einschließlich Schlaganfällen, signifikant reduziert. Untersuchungen zeigen, dass vollständig geimpfte Personen ein deutlich geringeres Schlaganfallrisiko haben, selbst wenn sie sich mit SARS-CoV-2 infizieren. Dies unterstreicht die Bedeutung flächendeckender Impfungen, um die öffentliche Gesundheit zu schützen und schwere Folgeerkrankungen zu verhindern.
Fazit
Die Verbindung zwischen COVID-19 und Schlaganfällen stellt ein dringendes gesundheitliches Problem dar, das weitere Forschung und gezielte Präventionsmaßnahmen erfordert. Der komplexe Einfluss des Virus auf das kardiovaskuläre und neurologische System verdeutlicht, wie wichtig eine frühzeitige Diagnose und Intervention sind. Langfristig könnten umfassende Studien zur Pathophysiologie von SARS-CoV-2-bedingten Schlaganfällen sowie die Entwicklung spezifischer Behandlungsmöglichkeiten dazu beitragen, das Schlaganfallrisiko bei COVID-19-Patienten zu minimieren und deren Überlebenschancen zu erhöhen.
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