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AT: Parlamentarische Bundesheerkommission: Jahresbericht 2023 zeigt Ressourcen- und Personalprobleme auf

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Wien - 2023 leitete die Parlamentarische Bundesheerkommission (PBHK) 278 Beschwerdeverfahren ein. Im Jahr 2022 waren es 182. In den meisten Fällen brachten Rekruten die Beschwerden ein (57 %), Offiziere die wenigsten(6 %).

 

Hauptsächlich hingen diese mit der Versorgung (39 %) oder mit der Ausbildung bzw. dem Dienstbetrieb (34 %) zusammen. In 16 % der Fälle handelte es sich um Personalangelegenheiten. Fast drei Viertel aller Beschwerden wurden von Grundwehrdienern eingebracht (73 %). Dies geht aus dem Jahresbericht 2023 der PBHK hervor, zu dem das Bundesministerium für Landesverteidigung (BMLV) eine Stellungnahme vorgelegt hat (III-1174 d.B.)

 

Kritik des BMLV am Besoldungsreformgesetz 2024

Das Gewinnen und Behalten von Personal sei eine Herausforderung, wie aus dem Jahresbericht an mehreren Stellen hervorgeht. Die Situation würde sich durch attraktivere Rahmenbedingungen in anderen Bereichen des öffentlichen Dienstes und in der Privatwirtschaft verschärfen. In der Bundesbesoldungsreform werden Chancen gesehen, das gegenseitige "Abwerben" im öffentlichen Dienst einzudämmen.

 

Dazu heißt es in der Stellungsnahem des BMLV, dass ein "Besoldungsreformgesetz 2024" unter Federführung des Bundesministeriums für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport (BMKÖS) erarbeitet werde, "das unter den Schlagwörtern ,einheitlich und durchlässig' firmiert und im Vergleich zur bisherigen Systematik verbesserte Einstiegsgehälter bei gleichbleibender Lebensverdienstsumme vorsieht." Das BMLV habe allerdings eine kritische Stellungnahme an das BMKÖS übermittelt, da die bis kürzlich vorliegenden Grundlagen "wenig Grund für eine positive Beurteilung" geboten hätten. Die Kritik knüpfe an jene der PBHK an, dass nach wie vor keine besoldungsrechtliche Abgeltung des Bachelor-Abschlusses von Offizieren vorgesehen sei, eine teilweise zu niedrige Einreihung in die Gehaltsklassen erfolge und militärische Dienstzeiten bei fortschreitender Laufbahn nicht durchgängig berücksichtigt würden. Grundsätzlich heißt es von Seiten des BMLV in der Stellungnahme, dass regelmäßig Änderungsbestrebungen im Dienst- und Besoldungsrecht gegenüber dem für Dienstrecht zuständigen BMKÖS kommuniziert und in den parlamentarischen Prozess eingebracht würden, diese "bereits über Jahre hinweg beim BMKÖS auf wenig bis kein Verständnis" stoßen würden.

 

Das BMLV informiert in der Stellungnahme, dass sich etwa eine Rekrutierungs- oder auch Bindungsprämie, die in anderen Ministerien teilweise umgesetzt werde in Erarbeitung befinde.

 

Im Jahresbericht der PBHK wird vorgeschlagen, das Klimaticket für Bedienstete des BMLV kostenlos zur Verfügung zu stellen. In der Stellungnahme des BMLV heißt es dazu, dass entschieden worden sei, die Kosten dafür ausschließlich für die Lehrlinge des Ressorts zu übernehmen. Begründet wird dies mit einem "vergleichsweise geringen Verdienst und geringe Mobilität (meist kein Führerschein, eigenes Kfz etc.)".

 

Mehr Geld bei Auslandseinsätzen

Im Rahmen der "Mission Vorwärts" seien ressortintern Anreize zur Attraktivierung der Personaloffensive geschaffen worden. Als "wesentliche Verbesserung" wird die Erhöhung des Grundentgelts der Grundwehrdiener von 9,14 % (ab 1. Jänner 2024) genannt. Die PBHK hält es für "unerlässlich, möglichst viele Grundwehrdiener in militärischen Kernaufgaben einzusetzen", heißt es im Jahresbericht. 15.544 Männer traten 2023 ihren Grundwehrdienst an, 100 Frauen ihren freiwilligen Grundwehrdienst (das ist seit 1. April 2023 möglich).

 

Kritisiert wird, dass Grundwehrdiener im sicherheitspolizeilichen Einsatz stehen würden. Dadurch könnten sie nur "rudimentär in den Kernaufgaben ihres Verbandes" ausgebildet werden. Die Assistenzleistungen des Bundesheeres würden weiters die wesentlichen Fort- und Weiterbildungen des Kader- und Milizpersonals und die Übungstätigkeit der Verbände erschweren. Die Folge seien fehlende Identifikation mit den Aufgaben des Stammverbandes. Diese fehlende Perspektive und Attraktivierung erschwere es, Grundwehrdiener für eine Berufs- oder Milizlaufbahn zu rekrutieren.

 

In der Stellungnahme heißt es in diesem Zusammenhang, dass im sicherheitspolizeilichen Einsatz "Migration" und in der Bewachung kritischer Infrastruktur in Wien 336.700 Personentage geleistet worden seien.

 

Ebenfalls wird vom PBHK der geringe Besetzungsgrad bei Auslandseinsätzen erwähnt und bemerkt, dass es besoldungsrechtliche Anreize geben sollte. Das BMLV informiert, dass die Teilnahme an Auslandseinsätzen mit der Auslandszulage attraktiver gestaltet werden soll. Ein Entschließungsantrag "einer im Parlament vertretenen Partei" liege im Parlament vor. Auf Basis dieser Initiative würden sämtliche Fraktionen fordern, das Auslandszulagen- und –hilfeleistungsgesetz (AZHG) zu novellieren.

 

Drohender Personalmangel in der Stellungsstraße St. Pölten

Unter anderem führte die PBHK einen Prüfbesuch in der Stellungsstraße des Militärkommandos NÖ in St. Pölten durch. Das Stellungshaus wurde 2017 modernisiert. Im Bericht wird festgehalten, dass es keinen Sanitärbereich für Frauen gebe. Bei Stellungsuntersuchungen von Frauen, die freiwillig den Grundwehrdienst absolvieren wollen, müsse improvisiert werden. Es werde dann ein Sanitärbereich ausschließlich für Frauen reserviert, wodurch das Sanitärangebot für das Personal reduziert werde.

 

Zudem wird bemängelt, dass es zwei unbesetzte Arbeitsplätze gebe (ein Arzt- und ein Psychologen-Arbeitsplatz). Außerdem würden zwei weitere Untersuchungsärzte 2023 und 2024 in Pension gehen, ein Engpass drohe, da ohne Nachbesetzung nur noch ein Untersuchungsarzt zur Verfügung stünde. Das BMLV entgegnete, dass mittels verstärkten Personalwerbemaßnahmen reagiert werde, um den aus den Pensionierungen erwartenden Einschränkungen im Stellungsbetrieb entgegenzuwirken. In diesem Zusammenhang wird im Jahresbericht auch erwähnt, dass von ärztlicher Seite angeregt worden sei, das ärztliche Beratungsgespräch auf 30 Minuten auszudehnen. Bisher würden dafür nur 15 Minuten pro Stellungspflichtigen zur Verfügung stehen. Dazu das BMLV: Bei 60 Stellungspflichtigen pro Tag sei das in der Praxis nicht möglich, "angesichts der ohnehin knappen ärztlichen Personalressourcen".

 

Ein weiterer Punkt, der im Bericht hervorgehoben wird, ist, dass nicht auf die Gesundheitsdaten des Systems ELGA zugegriffen werden dürfe. Dadurch würde die Befunderhebung "deutlich verzögert". Dazu heißt es vom BMLV, dass Gespräche mit dem BMSGPK gebe, um eine gesetzliche Abänderung herbeiführen zu können.

 

Tödliche Schussabgabe im Wachlokal

Im Jahresbericht 2023 wird auch Bezug genommen auf den tödlichen Schussvorfall im Wachlokal der Flugfeld-Kaserne in Wiener Neustadt. Das Präsidium der PBHK nahm eine Überprüfung vor Ort vor. Ein Wachsoldat kam dabei zu Tode. Im Bericht wird die Feststellung der Staatsanwaltschaft wiedergegeben, wonach es sich bei der Schussabgabe durch den Offizier vom Tag um gerechtfertigte Notwehr gehandelt habe. Das Ermittlungsverfahren sei eingestellt worden. Im Blut des Getöteten seien Drogen nachgewiesen worden. In der Stellungnahme des BMLV steht zudem, dass kein Verstoß des Offiziers vom Tag gegen interne Vorschriften festgestellt worden sei.

 

Beispiele für Beschwerdefälle

Unangebrachte Ausdrucksweisen sind ein häufiger Grund für Beschwerden. Im Bericht werden mehrere Beispiele genannt, wie etwa jenes: Im Zuge der Ausübung der Dienstaufsicht beanstandete ein Zugskommandant seine Gruppenkommandanten wie folgt: "Was machst du da für einen Scheiß, alles was du machst ist Scheiße", "… du bist ja zum Scheißen zu blöd", "… du schiacha Wurf". In der Stellungnahme des BMLV heißt es generell dazu, dass sämtliche im Rahmen von Beschwerdefällen bzw. von Prüfberichten aufgezeigten Problembereiche einem ressortinternen Beschwerdemanagement unterzogen würden und nach eingehenden Überprüfungen und Analysen erforderlichenfalls einer Lösung zugeführt würden. Im konkreten Fall schreibt das BMLV: "Der beschwerdebezogene Unteroffizier wurde rechtskräftig disziplinär bestraft."

 

Auch diskriminierendes Verhalten ist Inhalt von Beschwerden. Etwa habe eine schwangere Militärärztin von ihrer Vorgesetzten den Befehl zur Abstellung als Notärztin bei einer Gefechtsübung erhalten. Auf den Einwand ihrer Schwangerschaft reagierte die Vorgesetzte unter anderem mit dem Kommentar, dass Schwangerschaft keine Krankheit sei und sie genug andere Frauen kenne, die ihre Leistung sogar bis über das 6. Monat hinaus erbringen würden. In der Stellungnahme heißt es, dass ein eingeleitetes Beschwerdeverfahren eingestellt worden sei, die Beschwerdebezogene jedoch eindringlich ermahnt und belehrt worden sei.

Andere Beschwerden bezogen sich auf Mängel bei der Unterbringung, organisatorische Mängel sowie nicht-einsichtige Gestaltung dienstlicher Maßnahmen.

 

Miliz: Ruf nach Übungspflicht auch bei Befristung

Im Jahresbericht wird festgehalten, dass der jährliche Bedarf an Milizoffizieren und Milizunteroffizieren in der Einsatzorganisation nicht gedeckt werden kann (55 % bei den Milizoffizieren, 40 % bei den Milizunteroffizieren sind abgedeckt). Zusätzlich würde es jährlich 150 Offiziere und 500 Unteroffiziere inklusive 10 % Personalreserve brauchen. Bei den Manschaftsdienstgraden könne der jährliche Bedarf mit über 90 % abgedeckt werden. Im Normalfall würden drei Viertel der Milizübungspflichtigen (derzeit 21.000 Soldaten) regelmäßig zu den Übungen kommen. 15.000 befristet beorderte Soldaten der Miliz seien nicht übungspflichtig. In der Praxis seien daher Übungen nur mit reduzierter Truppe möglich.

 

Die Übung mit Volltruppe müsste laut Bericht das Ziel sein, daher sollte es auch für diese Gruppe eine Übungsverpflichtung geben. Inhaltlich stimmt das BMLV in der Stellungnahme zu. "Um eine Übung mit Volltruppe sicherstellen zu können, ist eine verpflichtende Übungstätigkeit zwingend notwendig", heißt es. Es fehle allerdings nicht am "politischen Willen", wie im Bericht konstatiert. Es bedürfe für die Wiedereinführung einer verpflichtenden Übungstätigkeit eines parteiübergreifenden Konsens. "Dieser ist derzeit jedoch (noch) nicht erzielbar."

 

Laut Bericht müsste aus den genannten Gründen Ziel sein, bei Personalgewinnungsmaßnahmen unbefristet beorderte Milizübungspflichtige zu gewinnen. In der Stellungnahme heißt es dazu, dass sämtliche Personalgewinnungsmaßnahmen darauf abzielen würden, genügend Personal zu haben, um "den bereits gegebenen bzw. zu erwartenden personellen Engpässen entgegenzuwirken". Im Bericht wird zudem die materielle Ausstattung der Miliz bemängelt. Allerdings wird eingeräumt, dass es erhebliche Verbesserungen gegeben hätte beim Ausstattungsgrad an Schutzwesten, Kampfhelmen, Nachtsichtgeräten, Scharfschützengewehren etc. Um die Ausstattung zu verbessern, würden laufend Maßnahmen gesetzt, heißt es in der Stellungnahme. Im "Aufbauplan 2032+" sei ein eigenes Investitionspaket "Miliz" vorgesehen, nunmehr erfolge auch eine zentrale Beschaffung. Mit einem "signifikant höheren Budget für den Investitionsbereich in den kommenden Jahren" dürfe gerechnet werden, womit auch im Bereich der Miliz eine wesentliche Verbesserung der Ausrüstung und Ausstattung erzielt werden könne.

 

Zumutbarkeit der SERE-Ausbildung

Die SERE-Ausbildung wird im Jahresbericht ebenfalls behandelt, da es Medienberichte wegen der Zumutbarkeit bzw. Notwendigkeit dieser gegeben habe. Die Abkürzung SERE steht für Survival (Überleben), Evasion (Ausweichen), Resistance (Widerstand) und Extraction (Rückholung). Dabei geht es darum, die Fähigkeiten von Soldat:innen zu trainieren, damit sie alleine im feindlichen Umfeld überleben könnten, einer Gefangenschaft entgehen und eine Rettung und Rückbringung ermöglicht werde. Im Bericht wird festgehalten, dass es sich dabei um eine Ausbildung handle, die eine international anerkannte Standardausbildung in westlichen Armeen sei. Es werde etwa geübt, wie man sich eine Unterkunft baut, wie man Wasser und Nahrung gewinnt oder Feuer entfacht. Bei der höchsten Ausbildungsstufe werde eine mindestens 72 Stunden andauernde Überlebenssituation simuliert. "Die anonymen Vorwürfe in der Medienberichterstattung fanden im Zuge der Erhebungen keine Bestätigungen", heißt es im Bericht. Auch in der Stellungnahme des Ministeriums wird bekräftigt, dass an der SERE-Ausbildung festgehalten werde. 


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