Die VW-Sanierung und deren Kommentierung sind ein Offenbarungseid

DMZ –  POLITIK ¦ Dirk Specht ¦    

KOMMENTAR

 

Die Nachrichten aus einem der wichtigsten deutschen Unternehmen, dem VW-Konzern, werden quartalsweise immer dramatischer. Bekanntlich sind die Pläne von Ex-Chef Diess umfassend gescheitert: Aufbau Software-Kompetenz, autonome Fahrzeuge, Batterietechnologie, neue E-Plattform statt Umbau existierender. Alles gescheitert. Diess gefeuert. Der Nachfolger saniert diese – strategisch unverzichtbaren! – Pläne, indem er die technisch hinterher fahrende ID-Plattform weiter beatmet, weil dafür Fabriken laufen und Abschreibungen in den Büchern wohl seinen Bonus und den Tiefschlaf seiner Aktionäre bedrohen könnten. In den historisch einmalig vernachlässigten Kompetenzen Software, Batterie, E-Mobilität hat er Kooperationen und Beteiligungen mit anderen Unternehmen dem eigenen Weg vorgezogen. Die Wahl der Partner war dabei geringfügig eingeschränkt, denn wer in diesen Segmenten technologisch etwas vorzuzeigen hat, wartet nicht gerade auf einen Anruf aus Wolfsburg. So hat VW also ein paar Verträge mit und Beteiligungen an Unternehmen, deren Kassen leer waren und die andernorts als Pleitekandidaten gelten. Na denn.

 

Nun wird der von Diess dringend geforderte Hoffnungsträger, eine aktuellem (hüstel, 2020er) Wettbewerb entsprechende neue E-Plattform, zunächst mal verschoben – auf 2032. Vorher sollen die ID-Plattformen in existierenden Fabriken mit diesem gewaltigen Ökosystem an gewonnenen Partnerschaften im globalen Wettbewerb helfen – nebst dem Geschäft mit den Verbrennern, versteht sich. Dieser Plan mit allen Beweggründen wird an das Handelsblatt 

durchgestochen. Das berichtet bereits von einem professionellen Sanierungsplan des Diess’schen Scherbenhaufens. Daraus entsteht eine Agentur-Meldung, die den Sachverhalt im Umfang eines Bierdeckels zu würdigen versteht. Die Wirtschaftsredaktion der FAZ entblödet sich tatsächlich, diese einfach 1:1 abzudrucken und dann auch noch in einer Art zu kommentieren, die dem Autor vermutlich selbst dann nicht mal peinlich sein wird, wenn die Realität sich noch klarer als jetzt schon entwickelt hat: Warum Diess scheiterte, hat bereits niemand aus der Wirtschaftspresse auch nur versucht, zu ergründen. Dass sein Nachfolger nun saniert, indem er diese gescheiterten Pläne letztlich die Buchhaltung schonend halb aufgibt und halb irgendwas davon zu retten versucht, ist ein Offenbarungseid und keine professionelle Sanierung. Dass diese zu Wirtschaftsblablablättchen verkommenen Medien diese „harte Sanierung“ mit dem üblichen Gesang über schwache Nachfrage, schlechte Margen und die vielen Probleme, diese ganzen neuen Kompetenzen aufzubauen, nachsingen, was Blume nämlich als Grund für sein Maßnahmen anführt, zeigt, worum es wirklich geht: Dieses Land ist bereits intellektuell auf allen möglichen Ebenen nicht mehr wettbewerbsfähig!

Das ist aber nicht auf die Causa VW begrenzt. Parallel wird gestritten, wie man den Absatz von E-Autos in Deutschland ankurbeln kann. Sollen die wieder gefördert werden, sollen Verbrenner höher besteuert werden, welche Rolle spielt die Ladeinfrastruktur, die Michel angeblich abhält, was kann man gegen chinesische Importe tun, sollte man das überhaupt?

 

Nun, die einzig traurige Wahrheit an dieser Debatte: Sie ist vor allem unwichtig, es ist komplett egal, was Michel gerne fährt und in den nächsten Jahren kaufen wird. Das gilt auch für den Daimler-Konzern, dessen Interessen längst irgendwo zwischen dem Nahen Osten und China verhandelt werden. Ach ja, BMW gibt es auch noch, deren Eigentümerfamilie kann nun weiter hart mit Samsung-SDI über Batterien verhandeln. Die Idee, die über eine geförderte Herstellung aus Deutschland zu beziehen, ist tot – da werden gerade Fabriken gebaut, die bei ihrer Fertigstellung bereits zu teure und heute schon veraltete Technologien liefern. Die BMW-Eigentümer kennen das, denen gehörte mal Varta. Ist aber lange her, Batterietechnologie und Deutschland, das geht nicht zusammen. Vieles andere offensichtlich auch nicht: Wärmepumpen beispielsweise, ach ich lasse es, das ist erst Recht Hightech, kommt direkt hinter KI-Chips, die man nun in Deutschland fördern möchte. Merkwürdige Parallele, wer sich da als Partner gewinnen ließ – hat leider mit KI-Chips nichts zu tun.

 

Wer ein paar Jahrzehnte in der Digitalisierung unterwegs ist, Disruptionen kennt und weiß, wie das aus evolutionärer Technologie heraus getrieben wird, kennt das natürlich. Dieses absurde und einfach nur hilflose Management nebst der ganzen intellektuell beleidigenden Begleitmusik in Medien sowie Politik gab es bei Medienkonzernen, Verlagen, Telekommunikationsunternehmen, im Handel und es wird bei linearen Fernsehsendern bis heute noch gesungen, obwohl die auch schon genauso tot sind, wie deren rückständige Streamingplattformen geboren wurden. Es sieht so aus, dass Deutschland einfach nur große Freude hat, sich über Disruptionen zu empören und den überbewerteten Rest der Sache besser gleich anderen zu überlassen.

 

Jetzt geht’s aber an den Schriftwechsel mit der Hausbank, deren Geldwäsche-KI unsere Zahlungen an Importeure aus Asien dauernd blockiert. Was waren wir auch so dumm, aus Solidarität mit einer deutschen Finanzdienstleistung nicht gleich Alipay zu nehmen. 


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