DMZ – FORSCHUNG ¦ Sarah Koller ¦
Nationale Studie zeigt globale Defizite, Zusammenhang mit erhöhten Hirnverletzungsmarkern und Volumenreduktion der grauen Substanz
Im Rahmen einer nationalen, prospektiven Langzeitstudie wurden ein Jahr nach der COVID-19-Erkrankung kognitive Defizite, Serum-Biomarker und neurologische Bildgebungsergebnisse von 351 hospitalisierten Patienten im Vergleich zu 2.927 normativen Kontrollen untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass die kognitiven Beeinträchtigungen global waren und mit erhöhten Markern für Hirnverletzungen sowie einer reduzierten Volumen der vorderen Cingulumrinde einhergingen.
Die Schwere des initialen Infektionsereignisses, postakute psychiatrische Symptome und eine Vorgeschichte von Enzephalopathie waren mit den stärksten Defiziten verbunden. Die Studie deutet darauf hin, dass eine Immunreaktion maßgeblich für Hirnverletzungen bei moderater bis schwerer COVID-19 sein könnte und gibt Hinweise für die Entwicklung therapeutischer Strategien.
Die Studie ergab, dass Patienten, die während der akuten Phase mit Kortikosteroiden behandelt wurden, seltener kognitive Defizite aufwiesen. Diese Ergebnisse unterstützen die Hypothese, dass Hirnverletzungen bei COVID-19 durch das Immunsystem vermittelt werden. Selbst bei Patienten ohne klinische neurologische Komplikationen wurden persistierende kognitive Defizite gefunden, vergleichbar mit einem Alterungsprozess von 50 auf 70 Jahre. Die Untersuchung legt nahe, dass die Schwere des anfänglichen Infektionsschadens, der psychische Gesundheitszustand nach der Infektion und eine Vorgeschichte von COVID-19-assoziierten Enzephalopathien starke Einflüsse auf die kognitiven Defizite haben.
Die erhobenen Biomarker deuten darauf hin, dass neurologische Komplikationen bei COVID-19, einschließlich kognitiver Beeinträchtigungen, immunvermittelt sein könnten. Dies unterstützt die klinische Beobachtung, dass eine akute Behandlung mit Kortikosteroiden einen schützenden Effekt auf die kognitive Funktion haben kann. Eine vertiefte mechanistische Untersuchung der kognitiven Defizite nach COVID-19 könnte Einblicke in therapeutische Ansatzpunkte liefern. Diese könnten neurochemische und neuromodulatorische Mechanismen umfassen, die potenzielle therapeutische Ziele darstellen. Insbesondere die Untersuchung des Dopaminsystems im vorderen Cingulumcortex könnte eine Grundlage für neuromodulatorische Therapien bieten.
Die Studie hat einige Stärken, darunter eine multimodale Datenerhebung, hochwertige klinische Daten, Biomarker-Analysen und standardisierte Neurobildgebung. Trotz einiger Limitationen, wie der begrenzten Aussagekraft der Erholungstrends, legen die Ergebnisse nahe, dass persistierende kognitive Defizite ein Jahr nach akuter COVID-19-Erkrankung mit nachweisbaren biochemischen und neuroanatomischen Veränderungen verbunden sind. Diese Erkenntnisse sollten in der klinischen Praxis berücksichtigt werden, während weiterführende Forschung notwendig ist, um die Mechanismen dieser immunvermittelten kognitiven Beeinträchtigungen zu verstehen und gezielte Therapieansätze zu entwickeln.