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Die Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra) hat angekündigt, dass sie das geplante geologische Tiefenlager für radioaktive Abfälle im Standortgebiet Nördlich Lägern (Kantone Aargau und Zürich) und die Brennelementverpackungsanlage am Standort des bestehenden zentralen Zwischenlagers in Würenlingen (Kanton Aargau) erstellen will.
Gemäss Nagra bietet der geologische Untergrund in Nördlich Lägern im Vergleich mit den ebenfalls vertieft untersuchten Standortgebieten Jura Ost und Zürich Nordost die grösste geologische Barrierewirkung, die beste Stabilität der Gesteinsschichten sowie eine hohe Flexibilität für die Anordnung des unterirdischen Lagers. Die Nagra wird nun die Rahmenbewilligungsgesuche erarbeiten und diese in rund zwei Jahren beim Bundesamt für Energie (BFE) einreichen. Danach werden die Sicherheitsbehörden des Bundes diese eingehend begutachten.
Seit 14 Jahren (seit 2008) läuft in der Schweiz die Suche nach Standorten für geologische Tiefenlager. Grundlage dafür ist der «Sachplan geologische Tiefenlager» (SGT), der das Vorgehen und die Aufgaben bei der Standortsuche festlegt. Das Verfahren (siehe Kasten) wird vom Bundesamt für Energie (BFE) geleitet. Eng eingebunden sind die Kantone und im Rahmen der regionalen Partizipation die betroffenen Gemeinden, die Bevölkerung, Organisationen und das benachbarte Deutschland. Die Verantwortung für die geologischen Untersuchungen während der Standortsuche sowie für die Planung und Realisierung des Tiefenlagers liegt bei der Nagra. Die sicherheitstechnischen Vorgaben werden vom Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorat (ENSI) definiert, das als Aufsichtsbehörde auch die Arbeiten der Nagra überprüft.
Kombilager in Nördlich Lägern
Aufgrund der Erkenntnisse, die die Nagra seit dem Start der Standortsuche und insbesondere in den geologischen Untersuchungen in Etappe 3 gewonnen hat, schlägt sie als Standortgebiet für ein Tiefenlager sowohl für hoch- als auch für schwach- und mittelaktive Abfälle (Kombilager) nun Nördlich Lägern vor. Zwar weisen alle drei untersuchten Standortgebiete geeignete Voraussetzungen für ein Tiefenlager auf. Gemäss Nagra hat der Opalinuston im Standortgebiet Nördlich Lägern jedoch die beste geologische Barrierewirkung. Der Opalinuston liegt hier zudem tiefer und ist durch harte Gesteinsschichten oberhalb besser vor Erosion geschützt. Er weist einen grossen, ruhig gelagerten Bereich auf, was die Flexibilität bei der Anordnung der Lagerbereiche erhöht.
Die Oberflächenanlage des Tiefenlagers, wo die Anlagen und Zugänge zum Lager stehen werden, will die Nagra im Haberstal in der Gemeinde Stadel (Kanton Zürich) errichten. Für dieses Areal haben sich die Regionalkonferenz Nördlich Lägern und der Kanton Zürich, die seit 2012 über diverse mögliche Standorte diskutiert hatten, im Jahr 2021 ausgesprochen.
Verpackungsanlage beim Zwilag
Die Brennelementverpackungsanlage will die Nagra nicht im Standortgebiet selber, sondern auf dem Areal des bestehenden Zwischenlagers in der Gemeinde Würenlingen, angrenzend an das Paul Scherrer Institut (PSI) bauen. Dies hat gemäss Nagra den Vorteil, dass Synergien mit den dort bereits bestehenden Kernanlagen genutzt werden können und der Flächenbedarf geringer ist.
Ankündigung des Standortgebiets ist noch keine Bewilligung
Die Bekanntgabe des Standortgebiets und des Standorts der Verpackungsanlage ist ein wichtiger Meilenstein in der laufenden Standortsuche. Zwar wird die Nagra die Rahmenbewilligungsgesuche für das Tiefenlager und für die Brennelementverpackungsanlage mit allen technischen Details erst in rund zwei Jahren einreichen, und deren Prüfung bis hin zum Entscheid wird noch bis Ende der 2020er Jahre dauern. Die Bekanntgabe zum jetzigen Zeitpunkt ist aber nötig, damit die Zusammenarbeit der Akteure mit den Betroffenen weitergehen kann. Die Bekanntgabe ist zudem im Sachplan geologische Tiefenlager vorgeschrieben, um Transparenz zu schaffen. Dieser Schritt markiert ausserdem den frühesten Zeitpunkt für den Beginn der im Rahmen des Standortauswahlverfahrens vorgesehenen Abgeltungsverhandlungen zwischen den Entsorgungspflichtigen, den Standortkantonen und den Standortregionen. Wann sie damit starten wollen, entscheiden die Parteien.
Entsorgung der radioaktiven Abfälle in der Schweiz
Das Kernenergiegesetz schreibt vor, dass die in der Schweiz anfallenden radioaktiven Abfälle grundsätzlich in der Schweiz und in geologischen Tiefenlagern entsorgt werden müssen. Der vom Bundesrat 2008 genehmigte Konzeptteil zum Sachplan geologische Tiefenlager (SGT) regelt die Standortsuche. Sie verläuft in drei Etappen.
Am Ende von Etappe 1 (2008 bis 2011) hatte der Bundesrat im SGT sechs geologisch geeignete Standortgebiete festgelegt: Jura Ost, Jura-Südfuss, Nördlich Lägern, Südranden, Wellenberg und Zürich Nordost.
In Etappe 2 (2011 bis 2018) untersuchte die Nagra diese sechs Standortgebiete. Die Regionalkonferenzen brachten sich mit Stellungnahmen ein und die Standortareale für die Oberflächenanlagen wurden bezeichnet. Am Ende von Etappe 2 legte der Bundesrat im SGT als Zwischenergebnis die Standortgebiete Jura Ost, Nördlich Lägern und Zürich Nordost sowie die jeweiligen Areale für die Oberflächenanlagen fest.
In der seit Ende 2018 laufenden Etappe 3 hat die Nagra die verbliebenen drei Standortgebiete vertieft untersucht – unter anderem mit Bohrungen – und miteinander verglichen. Gestützt darauf hat die Nagra nun bekannt gegeben, für welche Standorte sie Rahmenbewilligungsgesuche ausarbeiten will. Die Nagra wird die Rahmenbewilligungsgesuche und alle erforderlichen Unterlagen gegen Ende 2024 einreichen. Nach Prüfung durch die zuständigen Bundesstellen (BFE, ENSI, KNS, BAFU und ARE) sowie durch ein internationales Expertenteam und nach einer öffentlichen Vernehmlassung wird der Bundesrat voraussichtlich gegen Ende der 2020er Jahre über die Rahmenbewilligungen entscheiden und diese Entscheide der Bundesversammlung zur Genehmigung vorlegen. Diese Genehmigung, mit welcher im Zeitraum um 2030 gerechnet wird, untersteht dem fakultativen Referendum.
Nach der Rahmenbewilligung für das Tiefenlager werden im Standortgebiet erdwissenschaftliche Untersuchungen unter Tage durchgeführt (Errichtung eines «Felslabors»). Mit Experimenten werden wichtige Erkenntnisse für den Bau des Lagers gewonnen. Danach kann ein Baubewilligungsgesuch und später ein Betriebsbewilligungsgesuch eingereicht werden. Ausgehend von der heutigen Planung könnte das Lager ab 2050 in Betrieb gehen.
Herausgeber
Bundesamt für Energie
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